mk-Gruppe weiter aktiv in Sachen EEG

9. Juli 2013 um 15:47 von

Die mk-Gruppe unter der Leitung des umtriebigen Geschäftsmanns Martin Kristek, die unter der Marke Care-Energy bundesweit Strom und Gas vertreibt, macht weiter von sich reden. Wieder einmal geht es um den EEG-Wälzungsmechanismus. In der Vergangenheit hat Care-Energy den Versuch unternommen, ihre Stromlieferungen in ein EEG-freies Contracting-Modell umzudeuten. Wegen Verstoßes gegen die Pflicht nach § 5 EEG, die Energiebelieferung von Haushaltskunden bei der Regulierungsbehörde anzuzeigen, hatte die Bundesnetzagentur vor einem Monat ein Bußgeld in Höhe von 40.000,00 € gegen Herrn Kristek verhängt.

Nun geht es Care-Energy um etwas anderes:

UStG

Care-Energy hält die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der EEG-Lasten, wie sie von nahezu allen Stromvertriebsunternehmen praktiziert wird, für falsch. Schwere Vorwürfe der vorsätzlichen Täuschung stehen im Raum. „Im Interesse der deutschen Stromkunden“ (so wörtlich) werde man jetzt die branchenübliche Abrechnungspraxis abmahnen. Konkret geht es darum, dass die Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage den Vertriebsunternehmen umsatzsteuerfrei in Rechnung stellen, diese aber in ihren Stromrechnungen an Endverbraucher auch auf die EEG-Umlage Umsatzsteuer erheben.

Mit ihrer Empörung über diesen scheinbaren Widerspruch möchte Care-Energy offenbar bei den mutmaßlich im Umsatzsteuerrecht nicht so bewanderten Endverbrauchern punkten. Experten wissen aber, dass die umsatzsteuerliche Behandlung sowohl durch die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) als auch durch Vertriebsunternehmen völlig korrekt ist. Nach Abschaffung des physikalischen Ausgleichs auf der vierten Stufe des EEG-Wälzungsmechanismus mit Inkrafttreten der Ausgleichsmechanismusverordnung findet zwischen ÜNB und Elektrizitätsversorgungsunternehmen keine Stromlieferung mehr statt. Die Vertriebsunternehmen zahlen die EEG-Umlage aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung und erhalten hierfür keine Gegenleistung in Form einer Stromlieferung durch den ÜNB mehr. Folglich liegt auch kein steuerbarer Vorgang im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor.

Im Verhältnis vom Vertriebsunternehmen zum Endkunden liegen die Dinge anders. Die Stromlieferung ist hier ein steuerbarer Vorgang. Dass EEG-Belastungen bei der Preisbildung berücksichtigt werden, ändert nichts daran, dass auf den Nettopreis Umsatzsteuer zu erheben ist. Also ist die steuerliche Behandlung der EEG-Umlage völlig korrekt.

Abgesehen von alldem: Der Vorwurf der vorsätzlichen Täuschung ist auch deshalb Unfug, weil der (angeblich) Täuschende gar nichts davon hat. Die Vertriebsunternehmen müssen die vereinnahmte Umsatzsteuer abführen.

 

Objektivierter Ertragswert vs. Sachzeitwert

8. Juli 2013 um 16:11 von

NetzWird der Konzessionsvertrag eines örtlichen Verteilnetzbetreibers durch die zuständige Gemeinde nicht verlängert, ist er gemäß § 46 II 2 EnWG verpflichtet, seine für den Netzbetrieb notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen „gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung“ zu übereignen.

Die Bestimmung dessen, was wirtschaftlich angemessenen ist, stellt bei Netzübernahmen häufig einen der wesentlichen Streitpunkte dar: Ist der objektivierte Ertragswert oder aber der  Sachzeitwert eine wirtschaftlich angemessene Vergütung im Sinne des § 46 II 2 EnWG?

Zu dieser spannenden und in der Literatur weithin umstrittenen Frage sind nun fast zeitgleich ein Aufsatz im aktuellen Heft des Deutschen Verwaltungsblattes (DVBl.)  von Dr. Bianca Christ und Martin Jacob sowie ein Gutachten des Regensburger Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Jürgen Kühling erschienen. Erwartungsgemäß kommen der Aufsatz „Verfassungsfragen des Netzübergangs nach § 46 II 2 EnWG“  (DVBl. 2013, 782) und das Gutachten „Interpretation und verfassungsrechtliche Steuerungsvorgaben in Bezug auf die „wirtschaftlich angemessene Vergütung“ für Netzanlagen nach § 46 II 2 EnWG“, welches Kühling im Auftrag des europäischen Verbands der unabhängigen Strom- und Gasverteilerunternehmen (GEODE) erstellt hat, zu gegenläufigen Ergebnissen:

Abgeleitet aus einer verfassungskonformen Auslegung unter Bezug auf die „Squeeze-Out-Rechtsprechung“ des BVerfG fordern Christ/Jacob eine Vergütung des wahren Werts, der neben dem Ertragswert (einschließlich aller Synergien) auch den Wiederbeschaffungswert berücksichtigt. Demgegenüber hält Kühling allein den objektivierten Ertragswert der übergehenden Anlagen für maßgeblich und im Lichte der „Squeeze-Out-Rechtsprechung“ auch für vereinbar mit der Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG.

Die Mehrheit der Instanzgerichte hält die Berücksichtigung von Synergien für geboten (so etwa OLG Koblenz RdE 2011, 191). Solange eine höchstrichterliche – gegebenenfalls verfassungsgerichtliche – Entscheidung zur Höhe der wirtschaftlich angemessenen Vergütung gemäß § 46 II 2 EnWG aussteht, bleibt es hier weiterhin spannend.

Konzessionsverträge bereits bei Formverstoß nichtig

13. Juni 2013 um 14:49 von

OLG CelleDas Oberlandesgericht Celle hat mit Urteil vom 23.05.2013 – 13 U 185/12 (Kart) über die Frage entschieden, ob die unterbliebene Bekanntmachung gemäß § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG im (elektronischen) Bundesanzeiger zur Nichtigkeit des daraufhin abgeschlossenen Konzessionsvertrages führt. Wie schon das OLG Düsseldorf in einem ähnlich gelagerten Fall (RdE, 2008, 287), entschied auch das OLG Celle, dass der Verstoß gegen die Bekanntmachungspflicht zur Nichtigkeit des daraufhin abgeschlossenen Konzessionsvertrages nach § 134 BGB führt.

Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den besonderen Voraussetzungen der Nichtigkeit bei einseitigen Verbotsgesetzen, leitet das Gericht die Unwirksamkeit konsequent aus dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes (§ 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG) her, der ohne die Nichtigkeitsfolge nicht erreicht werden könne. Das OLG Celle lehnt es im Übrigen ab, der Kommune die Berufung auf die Nichtigkeit unter Hinweis auf § 242 BGB bzw. auf § 101 b Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 GWB zu verweigern. Die Entscheidung reiht sich damit in die aktuelle Rechtsprechung des OLG Schleswig (Urteil vom 22.11.2012 (16 U (Kart) 22/12 und 16 U (Kart) 21/12 (Kart)) sowie des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 12.12.2012 (VI-3 Kart 137/12 (V)) ein.

Für die in der Praxis der Konzessionsvergabe weiterhin umstrittene Frage, ob sich der Alt-Konzessionär im Rahmen eines Netzherausgabeverfahrens auf die Nichtigkeit des Konzessionsvertrages berufen kann, weil die Kommune im Konzessionierungsverfahren gegen energie- und kartellrechtliche Vorschriften verstoßen hat, lässt die Entscheidung folgende Schlussfolgerungen zu:

  • Wenn schon im Falle einer (bloß) fehlerhaften Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG die Nichtigkeitsfolge zwingend ist, gilt dies erst Recht  bei Konzessionsverträgen, die unter Verstoß gegen materielles Recht, insbesondere § 46 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 5 EnWG, zustande gekommen sind.
  • Wenn sich die Kommune, die schuldhaft einen Verfahrensfehler begangen hat, auf die Nichtigkeit des Konzessionsvertrages nach § 134 BGB berufen kann, darf es auch und gerade dem Alt-Konzessionär unter Wertungsgesichtspunkten, insbesondere Art. 14 GG, nicht verwehrt sein, sich auf die Nichtigkeit des Konzessionsvertrages zu berufen.

Anm.: Mit den vorstehenden Fragen befasst sich auch der im April/Mai erschienene Fachbeitrag von Höch/Stracke, Zu den Rechtsfolgen fehlerhafter Konzessionierungsverfahren, in RdE 2013, 159.

EEG-Umlage doch nicht verfassungswidrig?

24. April 2013 um 17:00 von

EEGIn einem Rechtsgutachten, welches Prof. Dr. Gerrit Manssen Anfang 2012 im Auftrag des Gesamtverbands der deutschen Textil- und Modeindustrie angefertigt hatte, attestierte der Regensburger Staatsrechtler dem EEG seine Verfassungswidrigkeit. Die Diagnose: Der EEG-Wälzungsmechanismus sei mit der Finanzverfassung unvereinbar. In der Branche schlug die Rechtsmeinung hohe Wellen, drohte doch einem wesentlichen Baustein der Energiewende das Aus via Karlsruhe.

In der Folge klagten sodann auch verschiedene Industriekunden gegen ihren Stromversorger auf Rückerstattung geleisteter Umlagezahlungen. Ihr Argument: Wenn die EEG-Umlage verfassungswidrig ist, sind die Zahlungen rechtsgrundlos erfolgt. Die Verfassungswidrigkeit kann allerdings das Zivilgericht nicht eigenmächtig feststellen. Dies ist dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Das Klagegericht muss ihm – vorausgesetzt es hält das EEG für unvereinbar mit dem Grundgesetz und es kommt im konkreten Rechtsstreit darauf an – die Frage zur Entscheidung nach Art. 100 GG vorlegen. Bislang hat dies noch kein Gericht getan. Wir begleiten derzeit eines der anhängigen Verfahren, welches sich momentan in der Berufungsinstanz befindet. Kürzlich hat hier der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem OLG Hamm stattgefunden. In der ersten Instanz hatte das LG Bochum die Klage zurückgewiesen. Ebenso wie das Landgericht wird auch das Oberlandesgericht die Sache nicht dem Bundesverfassungsgericht vorlegen.

Der Senat sei nicht davon überzeugt, dass die EEG-Umlage verfassungswidrig ist. Eine unzulässige Sonderabgabe könne wegen der fehlenden Aufkommenswirkung zu Gunsten der öffentlichen Hand nicht angenommen werden. Insofern läge auch kein Verstoß gegen die Vollständigkeit des Haushaltsplanes vor. Nicht jede gesetzgeberische Maßnahme die – wie die der EEG-Umlage -, nicht als Steuer oder sonstige öffentliche Abgabe eingeordnet werden kann, müsse zwangsläufig als Sonderabgabe eingestuft werden. Es könne durchaus gesetzgeberische Verteilungssysteme unter Privatrechtssubjekten geben, die nicht den Kautelen der Finanzverfassung unterliegen.

Eine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht komme aus Sicht des OLG Hamm nicht in Betracht. Zwar könne man aus den bekannten Gründen durchaus Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der EEG-Umlage hegen, aber Zweifel reichten nicht aus, um eine Vorlage zu begründen. Für diese müsste der Senat von der Verfassungswidrigkeit der EEG-Umlage überzeugt sein, was aus den oben genannten Gründen nicht der Fall sei.

Die Revision wird das OLG Hamm aller Voraussicht nach zulassen.

Update: Das OLG hat die Revision zugelassen.

BGH bestätigt ergänzende Vertragsauslegung bei unwirksamen Preisänderungsklauseln

23. April 2013 um 16:32 von

Mit Leitsatzentscheidung vom 23.01.2013 (VIII ZR 80/12) hat der BGH seine Rechtsprechung zur ergänzenden Vertragsauslegung bei unwirksamen Preisänderungsklauseln in Gaslieferverträgen bestätigt. Ausgangspunkt für die neuerliche Befassung waren Einwände gegen die höchstrichterliche Spruchpraxis, wonach der Kunde Preiserhöhungen nicht anfechten kann, wenn er sie nicht innerhalb von drei Jahren nach Zugang der Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat. Dies hatte der BGH über den Weg der ergänzenden Vertragsauslegung begründet. Hierzu habe ich auf der frei zugänglichen AGB-Klauselwerke Homepage des C.H. Beck Verlags  eine ausführliche Urteilsanmerkung verfasst. Die Homepage veröffentlicht aktuelle Meldungen, die im Zusammenhang mit dem Handbuch „Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke“ (hsrg. von Graf von Westphalen) stehen. Mein Kollege Thomas Höch und ich kommentieren darin das Recht der Gaslieferverträge.

Die wesentlichen Punkte der Leitsatzentscheidung:

  • Der VIII. Zivilsenat begegnet der Kritik, seine Lösung verletze Unionsrecht. Das Verbot geltungserhaltender Reduktion aus Art. 6 Abs. 1 Klauselrichtlinie (93/13/EWG) sei nicht tangiert. Die ergänzende Vertragsauslegung sei hiervon dogmatisch strikt zu unterscheiden. Zudem entspreche die ergänzende Vertragsauslegung auch dem Ziel der Klauselrichtlinie materielle Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien herzustellen.
  • Auf der Rechtsfolgenseite schließt der BGH eine Entreicherung des EVU nach § 818 Abs. 3 BGB aus. Wo sich die Preisänderungsklausel als unwirksam erweise, verbleibe das Kalkulationsrisiko und damit zugleich das Entreicherungsrisiko – entsprechend dem gesetzlichen Leitbild – beim Versorger.
  • Schließlich bestätigt der BGH seine Entscheidung vom 23.05.2012 (VIII ZR 210/11), wonach die Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche (§ 195 BGB) erst mit Erteilung der Jahresabrechnung und nicht bereits mit den unterjährigen Abschlagszahlungen beginnt.