Energieversorgungsvertrag mit Sonderkunden

15. Juli 2013 um 11:00 von

Prof. Dr. Lange setzt sich im Juli-Heft der RdE mit der ergänzenden Vertragsauslegung im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln nach der Rechtsprechung des BGH und des EuGH auseinander. Die zwei letzten Sätze seines Fazits fassen die Lage so zutreffend zugespitzt zusammen, dass sie hier zitiert werden sollen:

„Am Ende verheddert sich der VIII. Zivilsenat heillos zwischen seinen zu hohen Anforderungen an die Preisänderungsklauseln, seinen kaum überzeugenden Reparaturbemühungen auf der Rechtsfolgenseite und dem Gebot der Europarechtskonformität seiner Rechtsprechung. Die Versorgungsunternehmen bleiben in ihrem Dilemma zwischen rechtlich unsicheren Preisanspassungsklauseln und schwankenden Bezugskosten gefangen, aus dem nur die Lösung der jährlichen neu abzuschließenden Kettenverträge herauszuhelfen schient, was am Ende die Dinge aber weiter verteuert.“
 

(Lange, RdE 2013, 249 ff.)

Konzessionsvergabe: Musterkriterienkatalog vorgestellt

12. Juli 2013 um 11:06 von

Die Energiekartellbehörde des Landes Baden-Württemberg hat vor wenigen Tagen einen Musterkriterienkatalog Konzessionsvergabe vorgestellt. Der Kriterienkatalog enthält viele richtige Ansätze. Im Mittelpunkt der Vergabekriterien müssen die Ziele des § 1 EnWG stehen. Allerdings soll die Berücksichtigung von sonstigen Belangen der vergebenden Kommune sowie Inhalte des Konzessionsvertrages in Grenzen zulässig sein. Das ist aber keineswegs unproblematisch (ausführlich hierzu Höch, RdE 2013, 60).

Fazit: Der Kriterienkatalog geht in die richtige Richtung. Ob eine Konzessionsvergabe an Hand dieser Kriterien allerdings tatsächlich einer gerichtlichen Überprüfung Stand hält, bleibt abzuwarten.

mk-Gruppe weiter aktiv in Sachen EEG

9. Juli 2013 um 15:47 von

Die mk-Gruppe unter der Leitung des umtriebigen Geschäftsmanns Martin Kristek, die unter der Marke Care-Energy bundesweit Strom und Gas vertreibt, macht weiter von sich reden. Wieder einmal geht es um den EEG-Wälzungsmechanismus. In der Vergangenheit hat Care-Energy den Versuch unternommen, ihre Stromlieferungen in ein EEG-freies Contracting-Modell umzudeuten. Wegen Verstoßes gegen die Pflicht nach § 5 EEG, die Energiebelieferung von Haushaltskunden bei der Regulierungsbehörde anzuzeigen, hatte die Bundesnetzagentur vor einem Monat ein Bußgeld in Höhe von 40.000,00 € gegen Herrn Kristek verhängt.

Nun geht es Care-Energy um etwas anderes:

UStG

Care-Energy hält die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der EEG-Lasten, wie sie von nahezu allen Stromvertriebsunternehmen praktiziert wird, für falsch. Schwere Vorwürfe der vorsätzlichen Täuschung stehen im Raum. „Im Interesse der deutschen Stromkunden“ (so wörtlich) werde man jetzt die branchenübliche Abrechnungspraxis abmahnen. Konkret geht es darum, dass die Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage den Vertriebsunternehmen umsatzsteuerfrei in Rechnung stellen, diese aber in ihren Stromrechnungen an Endverbraucher auch auf die EEG-Umlage Umsatzsteuer erheben.

Mit ihrer Empörung über diesen scheinbaren Widerspruch möchte Care-Energy offenbar bei den mutmaßlich im Umsatzsteuerrecht nicht so bewanderten Endverbrauchern punkten. Experten wissen aber, dass die umsatzsteuerliche Behandlung sowohl durch die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) als auch durch Vertriebsunternehmen völlig korrekt ist. Nach Abschaffung des physikalischen Ausgleichs auf der vierten Stufe des EEG-Wälzungsmechanismus mit Inkrafttreten der Ausgleichsmechanismusverordnung findet zwischen ÜNB und Elektrizitätsversorgungsunternehmen keine Stromlieferung mehr statt. Die Vertriebsunternehmen zahlen die EEG-Umlage aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung und erhalten hierfür keine Gegenleistung in Form einer Stromlieferung durch den ÜNB mehr. Folglich liegt auch kein steuerbarer Vorgang im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor.

Im Verhältnis vom Vertriebsunternehmen zum Endkunden liegen die Dinge anders. Die Stromlieferung ist hier ein steuerbarer Vorgang. Dass EEG-Belastungen bei der Preisbildung berücksichtigt werden, ändert nichts daran, dass auf den Nettopreis Umsatzsteuer zu erheben ist. Also ist die steuerliche Behandlung der EEG-Umlage völlig korrekt.

Abgesehen von alldem: Der Vorwurf der vorsätzlichen Täuschung ist auch deshalb Unfug, weil der (angeblich) Täuschende gar nichts davon hat. Die Vertriebsunternehmen müssen die vereinnahmte Umsatzsteuer abführen.

 

Objektivierter Ertragswert vs. Sachzeitwert

8. Juli 2013 um 16:11 von

NetzWird der Konzessionsvertrag eines örtlichen Verteilnetzbetreibers durch die zuständige Gemeinde nicht verlängert, ist er gemäß § 46 II 2 EnWG verpflichtet, seine für den Netzbetrieb notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen „gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung“ zu übereignen.

Die Bestimmung dessen, was wirtschaftlich angemessenen ist, stellt bei Netzübernahmen häufig einen der wesentlichen Streitpunkte dar: Ist der objektivierte Ertragswert oder aber der  Sachzeitwert eine wirtschaftlich angemessene Vergütung im Sinne des § 46 II 2 EnWG?

Zu dieser spannenden und in der Literatur weithin umstrittenen Frage sind nun fast zeitgleich ein Aufsatz im aktuellen Heft des Deutschen Verwaltungsblattes (DVBl.)  von Dr. Bianca Christ und Martin Jacob sowie ein Gutachten des Regensburger Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Jürgen Kühling erschienen. Erwartungsgemäß kommen der Aufsatz „Verfassungsfragen des Netzübergangs nach § 46 II 2 EnWG“  (DVBl. 2013, 782) und das Gutachten „Interpretation und verfassungsrechtliche Steuerungsvorgaben in Bezug auf die „wirtschaftlich angemessene Vergütung“ für Netzanlagen nach § 46 II 2 EnWG“, welches Kühling im Auftrag des europäischen Verbands der unabhängigen Strom- und Gasverteilerunternehmen (GEODE) erstellt hat, zu gegenläufigen Ergebnissen:

Abgeleitet aus einer verfassungskonformen Auslegung unter Bezug auf die „Squeeze-Out-Rechtsprechung“ des BVerfG fordern Christ/Jacob eine Vergütung des wahren Werts, der neben dem Ertragswert (einschließlich aller Synergien) auch den Wiederbeschaffungswert berücksichtigt. Demgegenüber hält Kühling allein den objektivierten Ertragswert der übergehenden Anlagen für maßgeblich und im Lichte der „Squeeze-Out-Rechtsprechung“ auch für vereinbar mit der Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG.

Die Mehrheit der Instanzgerichte hält die Berücksichtigung von Synergien für geboten (so etwa OLG Koblenz RdE 2011, 191). Solange eine höchstrichterliche – gegebenenfalls verfassungsgerichtliche – Entscheidung zur Höhe der wirtschaftlich angemessenen Vergütung gemäß § 46 II 2 EnWG aussteht, bleibt es hier weiterhin spannend.

Konzessionsverträge bereits bei Formverstoß nichtig

13. Juni 2013 um 14:49 von

OLG CelleDas Oberlandesgericht Celle hat mit Urteil vom 23.05.2013 – 13 U 185/12 (Kart) über die Frage entschieden, ob die unterbliebene Bekanntmachung gemäß § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG im (elektronischen) Bundesanzeiger zur Nichtigkeit des daraufhin abgeschlossenen Konzessionsvertrages führt. Wie schon das OLG Düsseldorf in einem ähnlich gelagerten Fall (RdE, 2008, 287), entschied auch das OLG Celle, dass der Verstoß gegen die Bekanntmachungspflicht zur Nichtigkeit des daraufhin abgeschlossenen Konzessionsvertrages nach § 134 BGB führt.

Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den besonderen Voraussetzungen der Nichtigkeit bei einseitigen Verbotsgesetzen, leitet das Gericht die Unwirksamkeit konsequent aus dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes (§ 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG) her, der ohne die Nichtigkeitsfolge nicht erreicht werden könne. Das OLG Celle lehnt es im Übrigen ab, der Kommune die Berufung auf die Nichtigkeit unter Hinweis auf § 242 BGB bzw. auf § 101 b Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 GWB zu verweigern. Die Entscheidung reiht sich damit in die aktuelle Rechtsprechung des OLG Schleswig (Urteil vom 22.11.2012 (16 U (Kart) 22/12 und 16 U (Kart) 21/12 (Kart)) sowie des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 12.12.2012 (VI-3 Kart 137/12 (V)) ein.

Für die in der Praxis der Konzessionsvergabe weiterhin umstrittene Frage, ob sich der Alt-Konzessionär im Rahmen eines Netzherausgabeverfahrens auf die Nichtigkeit des Konzessionsvertrages berufen kann, weil die Kommune im Konzessionierungsverfahren gegen energie- und kartellrechtliche Vorschriften verstoßen hat, lässt die Entscheidung folgende Schlussfolgerungen zu:

  • Wenn schon im Falle einer (bloß) fehlerhaften Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG die Nichtigkeitsfolge zwingend ist, gilt dies erst Recht  bei Konzessionsverträgen, die unter Verstoß gegen materielles Recht, insbesondere § 46 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 5 EnWG, zustande gekommen sind.
  • Wenn sich die Kommune, die schuldhaft einen Verfahrensfehler begangen hat, auf die Nichtigkeit des Konzessionsvertrages nach § 134 BGB berufen kann, darf es auch und gerade dem Alt-Konzessionär unter Wertungsgesichtspunkten, insbesondere Art. 14 GG, nicht verwehrt sein, sich auf die Nichtigkeit des Konzessionsvertrages zu berufen.

Anm.: Mit den vorstehenden Fragen befasst sich auch der im April/Mai erschienene Fachbeitrag von Höch/Stracke, Zu den Rechtsfolgen fehlerhafter Konzessionierungsverfahren, in RdE 2013, 159.