Zinsen auf EEG-Umlage bei fingierter Fälligkeit – BGH schmiedet „scharfes Schwert“ für Übertragungsnetzbetreiber

1. April 2020 um 16:05 von

Für EltVU und Eigenversorger besteht nunmehr die harte Gewissheit, dass sie mit Blick auf die EEG-Meldepflichten gleichsam einer Garantiehaftung unterliegen: Bleibt rein objektiv am Ende eines Kalenderjahres die gemeldete hinter der tatsächlich angefallenen Strommenge zurück, löst dies ohne weiteres Zinsansprüche des ÜNB für die auf die Differenzmenge entfallende EEG-Umlage aus – und zwar in empfindlicher Höhe von 5% p. a.

Die Frage nach dem Zusammenspiel der jeweiligen Vorschriften zum Fälligkeitszins auf die EEG-Umlage (§ 60 Abs. 3 EEG 2017/§ 60 Abs. 4 EEG 2014/§ 37 Abs. 5 EEG 2012) und zur Meldepflicht der EEG-Umlage-Schuldner (§§ 74, 74a EEG 2017/§ 74 EEG 2014/§ 49 EEG 2012) hat der BGH in einem jüngst veröffentlichten Urteil vom 18.02.2020 (Az. XIII ZR 10/19) nunmehr im Sinne der ÜNB beantwortet. Der amtliche Leitsatz dieser Entscheidung lautet:

„Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nach § 74 Satz 1 EEG 2014 liegt vor, wenn ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen eine größere Energiemenge an Letztverbraucher geliefert als dem Übertragungsnetzbetreiber gemeldet hat.“

Nach der vorangegangenen divergierenden Rechtsprechung der Obergerichte (zugunsten der ÜNB: OLG München, Beschl. v. 03.05.2018 – 28 U 4185/17; OLG Dresden, Beschl. v. 01.02.2019 – 2 U 1671/17; OLG Düsseldorf, u. a. Urt. v. 20.05.2019 – I‑27 U 2/18; OLG Hamm, Urt. v. 10.02.2020, I‑2 U 87/19; zugunsten der EltVU: OLG Dresden, Urt. v. 12.09.2017 – 9 U 455/17; OLG Karlsruhe Urt. v. 26.03.2019 – 8 U 140/17) hat sich der BGH zu den diversen Streitpunkten nun sinngemäß wie folgt positioniert:

  • Die Zinspflicht gemäß § 60 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 74 Satz 1 EEG 2014 greift auch bei einer bloßen Zu-wenig-Meldung ein, nicht nur bei einer vollständigen Nicht-Meldung (Tz. 33 ff.).
  • Der Anfall dieser Fälligkeitszinsen setzt kein Verschulden voraus (Tz. 54).
  • Soweit das Online-Meldeportal des ÜNB eine Angabe bloßer Prognosedaten vorsieht, bleibt die Pflicht zur unverzüglichen Meldung vollständiger, objektiv zutreffender Strommengen daneben ungeschmälert bestehen; hierin liegt auch keine Treuwidrigkeit des ÜNB (Tz. 51, 57 f.).
  • Der Meldepflicht gemäß § 74 EEG 2014 wird nicht schon durch die Übermittlung von Bilanzkreisdaten genüge getan, die die umlagepflichtige Strommenge präzise abbilden: Denn die Fahrplanmeldungen dienen anderen Zwecken als der Abwicklung der EEG-Umlage, und sie unterscheiden auch nicht zwischen uneingeschränkt umlagepflichtigen und privilegierten Stromlieferungen (Tz. 43 ff.).
  • Liegen dem ÜNB voneinander abweichende Bilanzkreisdaten und EEG-Meldungen vor, darf er die EEG-Umlage-Abschläge anhand der Letzteren bemessen; die Zu-wenig-Meldung ist dann auch kausal für die objektiv unzureichende Abschlagssumme (Tz. 52).
  • Die gegenüber der Vorgängerregelung verschärfte Zinspflicht gemäß § 60 Abs. 4 Satz 2 EEG 2014 – mit dem auf den Jahresbeginn vorverlegten Verzinsungszeitraum – gilt unterschiedslos bezüglich sämtlicher umlagepflichtiger Stromumsätze des Jahres 2014 (Tz. 19 ff., insbes. 23, 26, 30).

Während nach dieser Rechtsprechung also das ungeschmälerte EEG-Umlage-Aufkommen in besonderem Maße geschützt und damit idealiter ein dämpfender Effekt für den Umlagesatz erreicht wird, sind EltVU und Eigenversorger nun gehalten, in ihrer Meldepraxis strengste Sorgfalt walten zu lassen. Zudem sind sie wegen der schwer zu beherrschenden Gefahr unverschuldeter Mengenabweichungen womöglich mit der Frage konfrontiert, inwieweit – als das kleinere Übel gegenüber den hohen Fälligkeitszinsen – gewisse „Risikoaufschläge“ in Kauf zu nehmen sein könnten.

Neubeginn der Verjährung nach § 57 Abs. 5 Satz 3 EEG 2017 aufgrund eines Anerkenntnisses in sonstiger Weise nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB

24. Oktober 2019 um 09:00 von

Nach § 57 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 EEG 2017 ist der Netzbetreiber verpflichtet, von dem Anlagenbetreiber höhere als im EEG vorgesehene Zahlungen für Stromeinspeisungen zurückzuverlangen. Dieser Rückforderungsanspruch verjährt nach § 57 Abs. 5 Satz 3 EEG 2017 – in Abweichung von der Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB (drei Jahre) – mit Ablauf des 31.12. des zweiten auf die Einspeisung folgenden Jahres.

Sollte der Netzbetreiber den Anlagenbetreiber aufgrund einer eingetretenen Überzahlung auffordern, den Mehrbetrag zurückzuzahlen, und erklärt der Anlagenbetreiber innerhalb der Verjährungsfrist, dass der Netzbetreiber die offene Forderung mit den künftig entstehenden Einspeisevergütungen verrechnen soll, dürfte ein Anerkenntnis in sonstiger Weise im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB des Anlagenbetreibers vorliegen, das zu einem Neubeginn der Verjährung führt.

Fraglich ist jedoch, welche Verjährungsfrist im Sinne des § 57 Abs. 5 Satz 3 EEG 2017 neu zu laufen beginnt. Grundsätzlich wirkt sich ein Anerkenntnis nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB so aus, dass die für den Anspruch maßgeblich gesetzliche oder vertragliche Verjährungsfrist im Ganzen neu zu laufen beginnt, und zwar mit dem auf das Anerkenntnis folgenden Tag (vgl. BGH NJW 2012, 3633, Tz. 32).

Ein Anspruch, der also am 20.06.2020 im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB anerkannt wird und der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB unterliegt, verjährt mit Ablauf des 20.06.2023. Ein Rückforderungsanspruch nach § 57 Abs. 4 i.V.m. Satz 1 EEG, der der (verkürzten) Verjährung des § 57 Abs. 5 Satz 3 EEG 2017 unterliegt, dürfte bei einem Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 20.06.2020 indes mit Ablauf des 31.12.2022 verjähren und nicht, wie man annehmen könnte, mit Ablauf des 20.06.2022:

Denn die Verjährung des § 57 Abs. 5 Satz 3 EEG 2017 knüpft nach seinem Wortlaut an den „Ablauf des 31.12. des zweiten auf die Einspeisung folgenden Jahres“ an. Eine starre Verjährungsfrist geht aus dem Gesetz nicht hervor. Konsequent dürfte es daher sein, die aufgrund des Anerkenntnisses verlängerte Verjährungsfrist ebenso an den Ablauf des 31.12. des zweiten auf das Anerkenntnis folgenden Jahres zu knüpfen. Denn nur so dürfte die in § 57 Abs. 5 Satz 3 EEG 2017 gesetzlich geregelte (nicht starre) Frist im Sinne des § 212 Abs. 1 BGB im Ganzen neu zu laufen beginnen.

BGH bestätigt Festlegung der BNetzA zu den Eigenkapitalzinssätzen in der dritten Regulierungsperiode

9. Juli 2019 um 18:08 von

hand-517114_1280Mit Beschlüssen vom 09.07.2019 (EnVR 41/18 und EnVR 52/18) hat der BGH die Rechtsbeschwerden der Netzbetreiberin zurückgewiesen, auf die Rechtsbeschwerde der BNetzA die Beschwerdeentscheidungen des OLG Düsseldorf vom 22.03.2018 (Az. 3 Kart 1061/16 und 3 Kart 1062/16) aufgehoben und die Festlegung der BNetzA zur Höhe der Eigenkapitalzinssätze in der dritten Regulierungsperiode bestätigt. Damit bleibt es für Neuanlagen bei einem Zinssatz von 6,91 % und für Altanlagen bei 5,12 %.

Forschungsvorhaben „Evaluation des Netzausbaus“ – Abschlussbericht veröffentlicht

13. Dezember 2018 um 11:56 von

Screenshot (35)Wir freuen uns, dass der Abschlussbericht zu unserem Forschungsvorhaben „Evaluierung des gestuften Planungs- und Genehmigungsverfahrens Stromnetzausbau im Hinblick auf seine Wirksamkeit für den Umweltschutz – juristisch, planerisch, technisch“ auf der Seite des Umweltbundesamtes veröffentlicht ist.

EEG-Umlage sinkt

16. Oktober 2018 um 12:04 von

hand-517114_1280Nachdem sich die EEG-Umlage in den zurückliegenden Jahren eigentlich nur in eine Richtung verändert hat – nach oben (lediglich in 2015 und 2018 sank die Umlage um jeweils weniger als 0,1 ct/kWh gegenüber dem Vorjahr) – ist jetzt erstmals ein kräftigerer Rückgang zu verzeichnen. Die Übertragungsnetzbetreiber haben die EEG-Umlage auf Grundlage des EEG und der Erneuerbare-Energien-Verordnung für das Jahr 2019 für den nicht privilegierten Letztverbrauch auf 6,405 ct/kWh festgelegt nach zuvor 6,792 ct/kWh im laufenden Kalenderjahr.

Damit ist gegenüber dem bisherigen Rekordwert des Jahres 2017 (6,88 ct/kWh) ein Rückgang von knapp 0,5 ct/kWh erreicht. Zugleich hat sich allerdings die EEG-Umlage gegenüber dem Jahr der ersten Erhebung (2010: 2,047 ct/kWh) mehr als verdreifacht. Ursache hierfür sind die nach wie vor hohen Zahlungen an Anlagenbetreiber, die die Verteilernetzbetreiber und Übertragungsnetzbetreiber nach dem EEG zu leisten haben. Die ÜNB prognostizieren in ihrem Bericht zur Ermittlung der EEG-Umlage 2019 Kosten aus dem EEG für das Kalender 2019 in Höhe von knapp 27 Mrd. €. Dem stehen Erlöse in Höhe von gut 2 Mrd. € gegenüber. Die Deckungslücke ist durch die EEG-Umlage aufzubringen, die jetzt auf 6,405 ct/kWh festgelegt wurde.