Kein wettbewerbsrechtlicher (Folgen-)Beseitigungsanspruch für Mitbewerber

14. August 2023 um 10:02 von

Dass sich Mitbewerber einander nach dem UWG auf Unterlassung in Anspruch nehmen, ist seit Jahren gängige Praxis. Neu ist jedoch, dass nunmehr versucht wird, die jüngere BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 14.12.2017 – I ZR 184/15 sowie Urteil vom 31.3.2021 – IV ZR 221/19) zu Rückzahlungs- und Informationspflichten an betroffene Verbraucher aufgrund unwirksamer Entgeltklauseln auf das Wettbewerberverhältnis auszudehnen, indem zusätzlich zur Unterlassung auch Auskunft und Folgenbeseitigung in Form der Rückzahlung an betroffene Verbraucher begehrt wird.

Solche, den klagebefugten Verbraucherverbänden seitens des BGH auch aus § 8 Abs. 1 UWG zuerkannten Beseitigungsansprüche könnten im Massenkundengeschäft des betroffenen Unternehmens zu aufwendigen und unangenehmen Rückabwicklungsprozessen führen. Könnten auch Mitbewerber aufgrund des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG solche Ansprüche auf Rückzahlung an den Kundenkreis des anderen Unternehmens geltend machen, würde womöglich ein ganz neues Feld wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten eröffnet.

In einer aktuellen Entscheidung hat nunmehr das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 10.08.2023 (I-20 U 102/22) entschieden, dass die weitergehenden Ansprüche auf (Folgen-)Beseitigung unwirksamer Entgeltklauseln in Form einer Rückzahlungspflicht an betroffene Verbraucher nicht durch den Mitbewerber geltend gemacht werden können. In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Energieversorger eine in den AGB des Wettbewerbers vereinbarte Mahnkostenpauschale in Höhe von 3,50 Euro als überhöht beanstandet und erfolgreich auf Unterlassung geklagt.

Die darüber hinaus geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung über die gemahnten Kunden und Rückzahlung der Mahngebühren wurden nunmehr auch in der Berufungsinstanz mit dem Argument abgewiesen, dass ein solcher Anspruch mit dem System der Durchsetzung von Ansprüchen der Kunden gegen das sich unlauter verhaltende Unternehmen nicht vereinbar sei. Solche Ansprüche könnten entweder nur selbst durch den Kunden oder durch die klagbefugten Verbraucherverbände geltend gemacht werden. Zudem habe der Gesetzgeber einen entsprechenden Gewinnabschöpfungsanspruch in § 10 UWG sowie die Möglichkeit einer Musterfeststellungsklage vorgesehen.

Die für die Branche erfreuliche Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig. Auf eine Revision wurde seitens der Klägerin verzichtet.

OLG Schleswig „begrenzt“ Werbung mit Regionalstrom

8. Dezember 2020 um 20:33 von

An die Werbung für grünen Strom hat man sich inzwischen gewöhnt. Viele Energieversorgungsunternehmen preisen die umweltverträgliche Erzeugung des von ihnen gelieferten Stroms an, weil sie wissen, dass sie damit beim Verbraucher Wettbewerbsvorteile erzielen können. Vergleichsweise neu ist hingegen der Trend, im Strombereich auf die regionale Erzeugung des Produkts werbewirksam hinzuweisen. Hier hat das OLG Schleswig jetzt in einer aktuellen Entscheidung vom 03.09.2020 (Az. 6 U 169) an die rechtlichen Grenzen erinnert, die das allgemeine Irreführungsverbot setzt.

Die Werbeaussage „Direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose“ ist nach Auffassung des OLG Schleswig unlauter, weil sie objektiv falsch sei. Der in Rede stehende Strom werde nämlich vom Anlagenbetreiber in das allgemeine Stromnetz eingespeist und dort vermischt. In seinen Urteilsgründen weist das OLG Schleswig zwar selbst auf eine Reihe von Entscheidungen hin, nach denen dem verständigen Verbraucher im Kontext mit Ökostromwerbung bekannt sei, dass lediglich ein entsprechender Anteil des Ökostroms in das allgemeine Stromnetz eingespeist werde und er an der Entnahmestelle lediglich den allgemeinen und sozusagen durchmischten Strom entnehmen könne. Für die hier in Rede stehende Werbeaussage soll das aber nicht geltend.

Überzeugender ist der zweite Teil der Entscheidung. Darin hatte das OLG die Werbung mit grünem Regionalstrom verboten, weil der beworbene Strom zum Teil auch aus Anlagen stammte, die mehr als 100 km vom Standort des interessierten Verbrauchers entfernt waren. Mit der Regionalität des erzeugten Stroms darf nach Auffassung des OLG Schleswig in Anlehnung an § 79a Abs. 6 EEG 2017 nur dann geworben werden, wenn der Strom in einer Anlage erzeugt wird, die sich im Umkreis von 50 km um das Postleitzahlengebiet befindet, in dem der Letztverbraucher ansässig ist. Da dies vorliegend nicht der Fall war, war die Werbeaussage objektiv falsch und damit unlauter.

In aller Fairness – Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge

28. Januar 2020 um 15:56 von

Vor wenigen Tagen hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) den Referentenentwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge vorgelegt. Zwei Kernpunkte des Entwurfs sind die Verkürzung zulässiger Laufzeiten bei Dauerschuldverhältnissen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie das Telefonmarketing insbesondere im Bereich der Strom- und Gasversorgung.

Verkürzung zulässiger Höchstlaufzeiten in AGB

Der Referentenentwurf sieht eine Änderung von § 309 Nr. 9 BGB vor. Künftig sollen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei einem Dauerschuldverhältnis über Waren oder Dienstleistungen des Verwenders mit Verbrauchern eine Erstlaufzeit von maximal 1 Jahr (aktuell 2 Jahre), eine automatische Vertragsverlängerung von maximal 3 Monaten (aktuell 1 Jahr) und eine Kündigungsfrist von höchstens 1 Monat (aktuell 3 Monate) zulässig sein.

Telefonmarketing (nicht nur) in der Strom- und Gasversorgung

Der Referentenentwurf des BMJV enthält zudem verschärfte Anforderungen an den Vertragsschluss im Bereich des Telefonmarketings. In den aktuellen § 312c BGB sollen zwei weitere Absätze eingefügt werden, die einigermaßen überraschend ausschließlich für Strom- und Gaslieferverträge gelten, obwohl Telefonmarketing gegenüber Verbrauchern auch in anderen Branchen umfangreich betrieben wird. Künftig sollen Strom- und Gaslieferverträge, die ein Verbraucher am Telefon abschließt, nur wirksam sein, wenn der Verbraucher den Vertrag in Textform genehmigt, nachdem ihm der Unternehmer den Inhalt des Vertrages auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Der Unternehmer kann den Verbraucher zur Erteilung der Genehmigung auffordern. Erfolgt sie nicht bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung, gilt die Genehmigung als verweigert. Liefert der Unternehmer in Erwartung der Genehmigung bereits zuvor und wird die Genehmigung verweigert, besteht kein Anspruch auf Wertersatz.

Auch lauterkeitsrechtlich sollen neue Anforderungen im Rahmen des Telefonmarketings gelten. Diese sind allerdings nicht auf die Energieversorgung beschränkt. Durch einen neuen § 7a UWG sollen Unternehmer künftig verpflichtet werden, die vom Verbraucher erteilte Einwilligung zum Zeitpunkt ihrer Erteilung angemessen zu dokumentieren und mindestens 5 Jahre ab Erteilung sowie ab jeder Verwendung aufzubewahren. Auf Verlangen der zuständigen Behörde (Bundesnetzagentur) sind die dokumentierten Einwilligungen unverzüglich vorzulegen. Flankiert wird die Neuregelung durch eine Ergänzung der Bußgeldvorschrift in § 20 UWG. Die bisherigen Nr. 1 und 2 des Absatzes 1 werden zusammengefasst in § 20 Abs. 1 Nr. 1 UWG-E. Nach dem neuen § 20 Abs. 1 Nr. 2 UWG-E handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 7a UWG-E eine Anrufeinwilligung, nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert oder nicht oder nicht mindestens 5 Jahre aufbewahrt. Das Bußgeld für einen solchen Verstoß beträgt bis zu 50.000 €.