OLG Köln und Landgericht Dortmund weisen Eilanträge der Verbraucherzentrale NRW zurück

7. März 2022 um 09:14 von

Gespaltene Preise in der Grund- und Ersatzversorgung sind nach Auffassung des Landgerichts Dortmund mit § 36 EnWG vereinbar. § 36 EnWG regle nämlich nicht die Einzelheiten der Ausgestaltung des Energieliefervertrages . Weiter sei die Rechtsprechung des BGH, wonach ein Grund- und Ersatzversorger mehrere Preise und Tarife anbieten dürfe, auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, dass die Preisspaltung auf unterschiedlichen Beschaffungskosten basiere.

Schließlich weist das Landgericht das Argument der Verbraucherzentrale NRW zurück, die Binnenmarktrichtlinie Elektrizität verbiete die Preisspaltung. Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2019/944 regle ein Diskriminierungsverbot; vorliegend gebe es aber – wie auch die Landeskartellbehörde NRW festgestellt habe – aufgrund der extremen Situation an den Großhandelsmärkten sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung.

Mit dieser Entscheidung, die noch nicht rechtskräftig ist, schließt sich das LG Dortmund dem LG Köln an, das vor drei Wochen bereits einen gleichlautenden Antrag der Verbraucherzentrale NRW zurückgewiesen hatte. Dessen Entscheidung wurde inzwischen durch das OLG Köln bestätigt.

BGH-Urteile zur Fernwärmeversorgung veröffentlicht

25. Juni 2020 um 14:38 von

Wir hatten in unserem Blog am 24.04.2020 darüber berichtet, dass der BGH mit Urteilen vom Vortag zwei Entscheidungen des OLG Frankfurt vom 21.03.2019 zur großen Erleichterung der Fernwärmeversorger aufgehoben hatte. Die jetzt vorliegenden Urteilsgründe geben Anlass, etwas Wasser in den Wein zu gießen:

Dies deshalb, weil der BGH die vom OLG Frankfurt zu Lasten der Versorgungswirtschaft entschiedene Rechtfrage, ob Versorgungsbedingungen gestützt auf § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV einseitig durch das Fernwärmeversorgungsunternehmen mittels öffentlicher Bekanntgabe geändert werden können, offen gelassen hat. Die BGH-Urteile stützen sich vielmehr darauf, dass die Rechtslage in diesem Punkt nicht höchstrichterlich geklärt sei.

Aus diesem Grund habe sich der Fernwärmeversorger entgegen der Rechtsauffassung der klagenden Verbraucherzentrale und des OLG Frankfurt auf den Rechtsstandpunkt stellen dürfen, aus § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV ergäbe sich ein Recht zur Änderung der Versorgungsbedingungen. Diese Aussage wäre nur dann eine irreführende Täuschung des Verbrauchers, wenn deren Unrichtigkeit inzwischen höchstrichterlich geklärt sei. Das sei allerdings nicht der Fall. Von daher liege keine falsche Tatsachenbehauptung, sondern eine (vertretbare) Rechtsansicht vor, die grundsätzlich als Meinungsäußerung nicht gerichtlich überprüfbar sei.

Im Ergebnis sind die BGH-Urteile also nur – aber immerhin – ein Etappensieg für die Versorgungswirtschaft. Die eigentliche Streitfrage zur Auslegung des § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV hat der BGH nicht beantwortet. Allerdings sollen weitere Revisionsverfahren beim 8. Zivilsenat des BGH anhängig sein, in denen das Änderungsrecht aus § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV ebenfalls eine Rolle spielt. Es bleibt also spannend.

BGH verschafft Fernwärmeversorgern große Erleichterung

24. April 2020 um 18:02 von

Der BGH hat zwei Urteile des OLG Frankfurt vom 21.03.2019 (vgl. RdE 2019, 245) aufgehoben und die Klagen der Verbraucherzentrale gegen zwei Fernwärmeversorgungsunternehmen rechtskräftig abgewiesen.

Diese Nachricht dürfte nicht nur bei den unmittelbar betroffenen Unternehmen für große Erleichterung sorgen. Die Entscheidungen des OLG Frankfurt hatten nämlich bei allen Fernwärmeversorgern hohe Wellen geschlagen.

Das OLG Frankfurt hatte entschieden, dass Preisänderungsregelungen in Fernwärmeversorgungsverträgen von den Unternehmen nicht einseitig aufgrund von § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV geändert werden dürften. Das war deshalb fatal, weil in langfristigen Fernwärmeversorgungsverträgen ein wiederkehrender Bedarf gegeben ist, eine einmal vereinbarte Preisanpassungsregelung anzupassen. Zum einen muss jeder Klauselverwender regelmäßig prüfen, ob seine Klauseln noch der jeweils aktuellen Rechtsprechung entsprechen; zum anderen müssen Preisänderungsklauseln speziell im Bereich Fernwärme gemäß § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV die Kostenentwicklung und die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen (sogenanntes Kostenelement und Marktelement). Kommt es hier zu wesentlichen Veränderungen, z.B. durch eine Änderung des Primärenergieträgers für die Wärmeerzeugung, muss regelmäßig auch die Preisanpassungsklausel angepasst werden. Allerdings hat ein Kunde typischerweise kein Interesse daran, an einer solchen Anpassung mitzuwirken. Von daher haben die Urteile des OLG Frankfurt in der Branche zu erheblichen Irritationen geführt.

Alldem hat der BGH jetzt ein Ende bereitet. Erforderliche Anpassungen von Preisänderungsregeln können in bestehenden Fernwärmeversorgungsverträgen auf der Grundlage des § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV vorgenommen werden. Das ergibt sich aus dem Tenor der Entscheidungen, der jetzt bekannt geworden ist. Die Urteile des BGH liegen im Volltext allerdings noch nicht vor.

Strenge Anforderungen des BGH an Preisanpassungsklausen im Bereich der Fernwärme

18. März 2020 um 11:57 von

24 Abs. 4 AVBFernwärmeV sieht vor, dass Preisanpassungsklauseln im Bereich der Fernwärme sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme als auch die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen müssen (sog. Kosten- bzw. Marktelement). Was das genau bedeutet, hat der BGH in einem jetzt bekannt geworfenen Urteil vom 18.12.2019 (VIII ZR 209/18) weiter konkretisiert. Dabei hat er die im konkreten Fall streitgegenständliche Preisanpassungsklausel für unwirksam erklärt, weil sie dem Gebot der Kostenorientierung gemäß § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV nicht entspreche.

Zum Verhängnis wurde dem Wärmversorgungsunternehmen dabei, dass der für die Brennstoffkosten relevante Gaspreis nur zu 75 % durch den HEL-Faktor bestimmt wurde, die Preisanpassungsregelung im Wärmeliefervertrag für den vertraglich vereinbarten Arbeitspreis jedoch zu 100 % von der Entwicklung der HEL-Notierungen abhängig war. Darüber hinaus beanstandete der BGH, dass Änderungen in den HEL-Notierungen auf die Brennstoffkosten einerseits und den Fernwärmepreis andererseits gemäß den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen in unterschiedlich starker Weise durchschlagen. Dies führe dazu, so der BGH, dass entgegen dem Gedanken des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV das Wärmeversorgungsunternehmen unter Umständen höhere Beträge als nur die Kostensteigerung an den Endkunden weitergebe und auf diese Weise zusätzliche Gewinne realisieren könne.

Dem Wärmeversorgungsunternehmen hat es auch nicht geholfen, dass sich die vom BGH festgestellten Probleme mit der streitgegenständlichen Preisanpassungsklausel wirtschaftlich nicht wesentlich zum Nachteil des Kunden ausgewirkt hatten. Insoweit verweist der BGH auf seine ständige Rechtsprechung, dass eine Preisänderungsregelung generell sicherstellen müsse, dass sich die vom Kunden zu tragende Preiskomponente der Wärmeerzeugungskosten nicht anders entwickle als die Kosten des Brennstoffbezugs. Der BGH spricht in diesem Zusammenhang von einem abstrakt-generellen Gleichlauf der Kostenkomponenten und kommt zu dem Ergebnis, dass eine Preisanpassungsklausel bereits dann unwirksam ist, wenn dieser Gleichlauf nicht unter allen Umständen gewahrt ist.

Eine ergänzende Vertragsauslegung in Anlehnung an die Rechtsprechung zur unwirksamen Preisanpassungen im Bereich der Gas-Grundversorgung wird ebenfalls abgelehnt. Der BGH weist in diesem Zusammenhang nur knapp darauf hin, dass Wärmeversorgungsunternehmen anders als Grundversorger weder einem Kontrahierungszwang unterlägen noch Einschränkungen bei der ordentlichen Kündigung des Fernwärmelieferungsvertrages bestünden. Kartellrechtliche Restriktionen lässt der BGH in diesem Zusammenhang offenbar unberücksichtigt.

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Bei dieser Gelegenheit wünschen wir allen Leserinnen und Lesern unseres Blogs beste Gesundheit und eine baldige Rückkehr in den Regelbetrieb!!

Fernwärme: OLG Düsseldorf bestätigt 3-Jahres-Frist bei Rückforderungen

7. Januar 2019 um 19:17 von

OLG DUSDie Rückforderung von Zahlungen, die auf eine wegen Verstoßes gegen § 24 AVBFernwärmeV unwirksame Preisanpassungsklausel geleistet wurden, ist dann nicht (mehr) möglich, wenn der Kunde die Preiserhöhung nicht innerhalb einer Frist von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt wurde, beanstandet hat. Dies entschied das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 07.02.2018  (I-27 U 2/17) in Anlehnung an die Argumentation des BGH aus dessen Urteil vom 24.09.2014 (VIII ZR 350/13). Die ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB sei auch im Fall der Nichtigkeit nach § 134 BGB i.V.m. § 24 AVBFernwärmeV nicht ausgeschlossen, damit die durch die Nichtigkeitsfolge entstandene planwidrige Vertragslücke unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 24 AVBFernwärmeV in einer den beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien gerecht werdenden Weise ausgefüllt werden kann.

Das OLG beschäftigt sich zudem kurz mit den Voraussetzungen des Ausschlusses einer Rückforderung nach § 814 BGB, verneint diese aber mit dem Hinweis auf die nur unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen des Kunden (vgl. dazu z.B. Palandt-Sprau, § 814 BGB, Rn. 5).