Deutschland muss illegale Beihilfen von den großen Stromverbrauchern zurückfordern, die in den Jahren 2012-2013 von Netzentgelten befreit wurden

28. Mai 2018 um 22:23 von

eu-1232430_1280Die Europäische Kommission hat heute eine Beihilfeentscheidung zum Thema Netzentgeltbefreiung für stromintensive Unternehmen in den Jahren 2011 bis 2013 getroffen. Mit der Entscheidung wurde ein vor etwa sieben Jahren begonnenes Verfahren abgeschlossen.

Im Kern ordnet die Europäische Kommission eine vollständige Netzentgeltbefreiung für stromintensive Unternehmen nach dem früheren § 19 Abs. 2 Satz 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) für die Jahre 2012-2013 als unzulässige Beihilfe ein. In der Folge müssen für die Jahre 2012-2013 Rückforderungen der zu wenig gezahlten Netzentgelte durch die Bundesregierung erfolgen. Dies bedeutet konkret, dass die Bundesnetzagentur als die zuständige Regulierungsbehörde für jedes einzelne Unternehmen eine Berechnung vornehmen und den zu wenig gezahlten Betrag zurückfordern muss.

Neben dieser Rückforderung für die Jahre 2012-2013 trifft die Beihilfeentscheidung der EU-Kommission aber auch eine wichtige Aussage für das aktuelle System der Netzentgeltbefreiung: Das aktuelle, seit 2014 geltende System der teilweisen Befreiung von Netzentgelten im Sinne des heutigen § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV bleibt unangetastet und wird damit für die Zukunft beihilferechtlich abgesichert.

Der Kommissionsentscheidung zugrunde lagen Drittbeschwerden aus dem Jahr 2011. Diese hatten bei der EU-Kommission eine beihilferechtliche Prüfung der vollständigen Befreiung von den Netzentgelten angemahnt. 2013 eröffnete die Kommission ein förmliches Beihilfeprüfverfahren. Dieses Prüfverfahren wurde nun abgeschlossen.

Zusätzliche Informationen finden Sie unter:

Pressemitteilung der EU-Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-3966_de.htm

Die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses wird die EU-Kommission in den nächsten Wochen auch über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb unter der Nummer SA.34045 veröffentlichen.

Bundesverfassungsgericht bestätigt BGH zu Netzentgelten

19. Oktober 2017 um 17:39 von

justitia-421805_640Mit Beschluss vom 26.09.2017 hat das Bundesverfassungsgericht die Urteilsverfassungsbeschwerden (1 BvR 1486/16, 1 BvR 1487/16, 1 BvR 2490/16 und 1 BVR 2491/16; Pressemeldung) des Ökostrom- und Ökogasanbieters LichtBlick SE gegen mehrere BGH-Entscheidungen nicht zur Entscheidung angenommen. Der BGH hatte zuvor Klagen der LichtBlick SE (EnZR 50/14, EnZR 72/14, EnZR 19/15 und EnZR 20/15) wegen angeblicher Unbilligkeit aufsichtsbehördlich genehmigter Netzentgelte zurückgewiesen.

Mit ihren Verfassungsbeschwerden hatte sich LichtBlick insbesondere gegen die Rechtsprechung des BGH zur Indizwirkung der aufsichtsbehördlichen Entgeltgenehmigung gewandt.

Das Bundesverfassungsgericht weist in dem heute bekannt gewordenen Beschluss die Argumentation von LichtBlick zurück und bestätigt zugleich die Rechtsprechung des BGH. Der Gesetzgeber habe mit der Entscheidung für eine Ex-ante-Regulierung in zulässiger Weise der Rechtssicherheit in Bezug auf die Höhe der Netzentgelte ein größeres Gewicht zugebilligt als dem individuellen Kostenfeststellungsinteresse. Ausgehend hiervon beruhe die Annahme einer Indizwirkung in der Rechtsprechung des BGH nicht auf sachfremden Erwägungen.

Darüber hinaus erkannt das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss den Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Netzbetreiber trotz ihres natürlichen Monopols an. Unter welchen Voraussetzungen der Geheimnisschutz im Einzelfall gegebenenfalls hinter den Interessen des Nutznutzers zurückzustehen hat, musste das Bundesverfassungsgericht wegen der bereits ausgesprochenen Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerden allerdings nicht entscheiden.

Es ist so weit! – Mitnutzungen öffentlicher Versorgungsnetze (§ 77d Abs. 4 TKG)

19. Juli 2017 um 13:00 von

Netzwerkkabel

Es ist so weit!

Die Bundesnetzagentur (Az.: BK11-17-002) hat am 17.07.2017 ihre erste Entscheidung in einem Streitbeilegungsverfahren gemäß §§ 77n Abs. 5, 134a TKG getroffen. Nach dem veröffentlichten Tenor der Entscheidung hätte die Gemeinde bei der Erschließung eines Neubaugebietes die Mitverlegung von Glasfaserkabeln dritter Unternehmen dulden und koordinieren müssen. Die dritten TK-Unternehmen sind jedoch zumindest zu einer teilweisen Kostentragung für die Mitverlegung verpflichtet, allerdings nur in dem Umfang, wie er bei sofortiger Verlegung entstanden wäre.

 

Ursprünglicher Beitrag:

Gemäß § 77d Abs. 1 TKG können Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze bei den Eigentümern oder Betreibern öffentlicher Versorgungsnetze die Mitnutzung der passiven Netzinfrastrukturen der öffentlichen Versorgungsnetze für den Einbau von Komponenten digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze beantragen. Wir berichteten zum DigiNetz-Gesetz: „DigiNetz-Gesetz – Fragen kostet nichts!“.

Daraufhin geschlossene Verträge über Mitnutzungen sind gemäß § 77d Abs. 4 TKG innerhalb von zwei Monaten nach deren Abschluss der Bundesnetzagentur zur Kenntnis zu geben. Hinsichtlich dieser Veröffentlichungspflicht hat die Bundesnetzagentur nunmehr einen „Leitfaden für die Übermittlung von Verträgen über Mitnutzungen öffentlicher Versorgungsnetze (§ 77d Abs. 4 TKG)“ veröffentlicht. Darin befasst sich mit verschiedenen potentiellen Fragstellungen. Im Einzelnen werden Antworten aus Sicht der Bundesnetzagentur zu folgenden Fragestellungen gegeben:

 

    1. Verpflichtung besteht aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage?
    2. Wer ist Verpflichteter?
    3. Welche Mitnutzungsverträge sind von § 77d Abs. 4 TKG umfasst?
    4. Zu welchem Zweck sollen die Mitnutzungsverträge an die Bundesnetzagentur übermittelt werden?
    5. Was muss an die Bundesnetzagentur übermittelt werden?
    6. Was geschieht mit den übermittelten Verträgen?
    7. Bis wann hat eine Übermittlung an die Bundesnetzagentur zu erfolgen?
    8. Kann die Frist zur Übermittlung im Einzelfall verlängert werden?
    9. Wie hat eine Übermittlung an die Bundesnetzagentur zu erfolgen?

Wie geht‘s weiter beim NEMoG?

27. März 2017 um 08:04 von

money-73341_640Ende Januar dieses Jahres hatte die Bunderegierung ihren Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (NEMoG) verabschiedet. Fast noch spannender als das, was der Entwurf vorsieht, ist, was er nicht enthält: Nach einigen kontroversen Diskussionen verzichtete die Bundesregierung darauf, im Gesetzentwurf die von unterschiedlicher Seite geforderte Vereinheitlichung der Netzentgelte auf der Ebene der Übertragungsnetzbetreiber vorzusehen. Stattdessen begnügte sich die Bundesregierung mit einem Vorschlag, der eine schrittweise Abschaffung der derzeit aufgrund des § 18 StromNEV vorgesehen Zahlungen an Kraftwerksbetreiber für dezentrale Einspeisung (sog. vermiedene Netzentgelte) vorsieht.

Dieser Vorschlag stieß vielfach auf Kritik, insbesondere wegen der geplanten sukzessiven Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte auch für nicht volatile Erzeugungsanlagen. Diese leisteten nämlich einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Netzentgelte.

Dieser Ansicht hat sich jetzt der Bundesrat in seiner Sitzung vom 10.03.2017 angeschlossen und vorgeschlagen, die Streichung der vermiedenen Netzentgelte auf Anlagen mit volatiler Erzeugung zu beschränken. Darüber hinaus sieht die Stellungnahme des Bundesrates eine Regelung vor, mit der nun doch bundeseinheitliche Netznutzungsentgelte auf der Höchstspannungsebene erreicht werden sollen.

Das alles hat die Bundesregierung zunächst nicht beeindruckt. Sie hat ihren Gesetzentwurf am 22.03.2017 in den Bundestag eingebracht und ist dabei in einer Gegenäußerung den Forderungen des Bundesrates entgegengetreten. Die Summe der vermiedenen Netzentgelte liege bei 700 Mio. € p.a. und solle abgesenkt werden, zumal die dezentrale Erzeugung in erheblicher Weise Netzausbaukosten auf der Verteilerebene verursache.

Jetzt ist also der Bundestag am Zug, bevor das Gesetz nach Verabschiedung dort noch einmal in den Bundesrat geht.

Im Bundestag könnte es jetzt ganz schnell gehen. Schon am 23.03.2017 fand die erste Lesung statt, in der wie üblich das Gesetz in die zuständigen Ausschüsse überwiesen wurde. Der zuständige Wirtschaftsausschuss soll schon in dieser Woche die Durchführung einer öffentlichen Sachverständigenanhörung beschließen.

Trotz der Betriebsamkeit in Berlin bei diesem Thema  ist nicht auszuschließen, dass das Gesetzgebungsverfahren insgesamt scheitert. Wenn es vor der parlamentarischen Sommerpause nicht mehr verabschiedet wird, dürfte es aufgrund des heraufziehenden Bundestagswahlkampfs zeitlich eng werden. Nicht zuletzt deshalb hatte die Bundesregierung auch versucht, das konfliktträchtige Thema der Vereinheitlichung der Netzentgelte auf der Höchstspannungsebene aus dem Gesetz herauszuhalten, um eine rasche Verabschiedung sicherzustellen.

Wenn das Gesetz in der jetzigen Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet wird, dann fällt es dem Grundsatz der Diskontinuität zum Opfer. Das Gesetzgebungsverfahren ist gescheitert und muss erneut eingeleitet werden.

DigiNetz-Gesetz – Fragen kostet nichts!

22. März 2017 um 08:00 von

DigiNetzDas Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) ist zum 10.11.2016 in Kraft getreten und hat umfangreiche Ergänzungen des TKG mit sich gebracht. Die Auswirkungen der vom Gesetzgeber zur  Beschleunigung des Glasfaserausbaus gewählten Instrumente beschränken sich aber keineswegs auf die Telekommunikationsbranche.

Denn mit den §§ 77a-77p TKG werden die Eigentümer oder Betreiber „öffentlicher Versorgungsnetze“, zu denen gemäß § 3 Nr. 16b TKG nicht nur die Netze für Telekommunikation, sondern auch für Schienenwege, Straßen, Wasserstraßen, Brücken, Häfen und Flugplätze, aber eben auch für Strom, Gas, Fernwärme und Wasser zählen, in Anspruch genommen.

Inhaltlich werden sämtliche netzgebundenen Versorgungsbranchen im Rahmen der Zumutbarkeitsgrenzen verpflichtet, Eigentümern oder Betreibern „öffentlicher Telekommunikationsnetze“ „Informationen“ über ihre Netzstrukturen bereitzustellen sowie deren „Mitnutzung“ zu dulden. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Obliegenheiten:

  • Informationserteilung über passive Netzinfrastrukturen, § 77b TKG
  • Durchführung von Vor-Ort-Untersuchungen passiver Netzinfrastrukturen, § 77c TKG
  • Duldung der Mitnutzung öffentlicher Versorgungsnetze (passive Infrastruktur), § 77d ff. TKG
  • Informationserteilung über Bauarbeiten an öffentlichen Versorgungsnetzen, § 77h TKG
  • Koordinierung von Bauarbeiten und Mitverlegung, § 77i TKG

Öffentliche Informations- und Streitbeilegungsstelle ist die Bundesnetzagentur, die auch den Infrastrukturatlas gemäß § 77a TKG führt.

Eine (weitere) erwähnenswerte Besonderheit enthält § 77k TKG, der die bereits bekannten Bestimmungen über die Nutzung von Wegerechten (§§ 68-77 TKG) um das Recht zur Mitbenutzung gebäudeinterner Netzinfrastruktur ergänzt.

Die Zeiten eigenständiger und unabgestimmter Netzplanungen könnten damit der Vergangenheit angehören. Welche Informationen genau der Netzbetreiber preisgibt und/oder preisgeben darf (die mögliche Gefährdung der Sicherheit des Netzbetriebs setzt hier Grenzen), ist wie so oft eine Entscheidung im Einzelfall. Fest steht jedenfalls, dass Anträge auf Informationserteilung und/oder Mitnutzung mit Bedacht – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht – beschieden werden müssen.