OLG Düsseldorf im Gegensatz zum Leitfaden von BNetzA: § 26 Abs. 2 S. 1 ARegV setzt weder einen gemeinsamen noch einen inhaltlich übereinstimmenden Antrag voraus

17. März 2014 um 11:23 von

OLG DUSMit Beschluss vom 05.03.2014 hat der Kartellsenat des OLG Düsseldorf zwar die Position der Bundesnetzagentur in einem besonderen Missbrauchsverfahren nach § 31 EnWG bestätigt, wonach ein aufnehmender Netzbetreiber keinen aus § 26 ARegV ableitbaren Informationsanspruch gegen den abgebenden Netzbetreiber habe.

Der von der Bundesnetzagentur in dem Leitfaden zu § 26 ARegV und auch im vorliegenden Verfahren vertretenen Rechtsauffassung, dass § 26 Abs. 2 Satz 1 ARegV entweder einen gemeinsamen Antrag oder inhaltlich überstimmende Anträge voraussetze, hat sich das OLG Düsseldorf aber ausdrücklich nicht angeschlossen. Gleiches gilt für den Verweis auf den Zivilrechtsweg im Falle einer Uneinigkeit zwischen den beteiligten Netzbetreibern. Eine im zivilrechtlichen Instanzenzug erstrittene Entscheidung über die Aufteilung der Erlösobergrenze dürfe die Regulierungsbehörde nicht binden. Mit anderen Worten dürfe nicht ein mit der Materie weniger vertrautes Zivilgericht über eine originär den Regulierungsbehörden zugewiesene Materie abschließend entscheiden.

Der Kartellsenat betont, dass es die originäre Aufgabe der Regulierungsbehörden sei, Erlösobergrenzen festzulegen und Anträge der Netzbetreiber auf Aufteilung der Erlösobergrenzen nach einem Netzübergang zu bescheiden. Eine eigenständige Prüfung der zuständigen Regulierungsbehörde unter Anwendung des für regulierungsbehördliche Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes sei auch bei § 26 Abs. 2 ARegV unumgänglich. An die Anträge der beteiligten Netzbetreiber sei die Regulierungsbehörde daher nicht gebunden. Die Aufteilung der Erlösobergrenze unterfalle nicht dem Dispositionsprinzip der Parteien. Auch bei inhaltlich übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien bestehe ein Prüfungsauftrag der Regulierungsbehörde. § 26 Abs. 2 ARegV schließe daher nicht aus, dass die beteiligten Netzbetreiber voneinander abweichende Anträge stellen.

Da die Regulierungsbehörde über die sachgerechte Aufteilung der Erlösobergrenze gemäß § 26 ARegV zu befinden habe und im Rahmen dieses Verfahrens die hierzu erforderliche Daten anfordern könne, reiche es aus, wenn der aufnehmende Netzbetreiber unter Hinweis auf die fehlende Datenübermittlung die Aufteilung der Erlösobergrenze beantrage. Die Regulierungsbehörde müsse dann zur Bereitstellung der erforderlichen Informationen auffordern und eine sachgerechte Aufteilung der Erlösobergrenze vornehmen.

Ob die Bundesnetzagentur ihre Verwaltungspraxis angesichts der vorliegenden Entscheidung ändert oder sich weiterhin auf den Standpunkt zurückziehen wird, eine Aufteilung der Erlösobergrenzen nur auf übereinstimmenden Antrag hin vornehmen zu müssen, bleibt aber abzuwarten.

Care Energy: Einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg gegen Stadtwerk

18. September 2013 um 09:00 von

Bild2Die unter der Marke Care Energy agierende mk-Unternehmensgruppe aus Hamburg jubelt pressewirksam über eine einstweilige Verfügung, die das Landgericht Hamburg gegen ein Stadtwerk erlassen hat.

Was war geschehen?

Die mk-power hatte ihre Kunden aufgefordert, sich beim Netzbetreiber um einen eigenständigen Netznutzungsvertrag zu bemühen. Daraufhin hatte das Stadtwerk die Letztverbraucher darauf hingewiesen, dass sie als Netznutzer die GPKE-Festlegung der Bundesnetzagentur zur elektronischen Abwicklung der Netznutzung zu beachten hätten. Dieses Schreiben des Stadtwerks an die Letztverbraucher hat dann die mk-power zum Anlass genommen, nach dem UWG wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen.

Warum die mk-power berechtigt sein soll, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen, leuchtet nicht ein. Es muss auch bezweifelt werden, dass sich das Landgericht vertiefte Gedanken zum Verhältnis von Umsatzsteuergesetz und GPKE gemacht hat. Es ist eine Frage, ob im Rahmen einer bestehenden Vertragsbeziehung nach § 14 UStG eine Rechnung in Papier verlangt werden darf, und eine andere Frage, ob überhaupt eine Vertragsbeziehung eingegangen werden muss. Zwar ist der Netzbetreiber grundsätzlich kontrahierungspflichtig; dies gilt allerdings nicht in den Fällen der Unzumutbarkeit. Solche liegen nach zutreffender Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur vor, wenn ein Netznutzer eine Papierrechnung verlangt.

Es ist nie zu spät…

29. August 2013 um 10:14 von

IMG_0099…meint offenbar die Saint-Gobain-Gruppe, die derzeit eine Reihe von Netzbetreibern mit Rückforderungsklagen wegen angeblich überhöhter Netzentgelte seit dem Jahr 2002 überzieht. Dabei soll die dreijährige Verjährungsfrist offenbar dadurch umgangen werden, dass man nicht eine unbillige Festsetzung der Netzentgelte geltend macht, sondern sich auf kartellrechtliche Anspruchsgrundlagen beruft. Es ist aber zweifelhaft, ob kartellrechtliche Anspruchsgrundlagen überhaupt zur Anwendung kommen und, wenn ja, wie Saint-Gobain der Darlegungs- und Beweislast nachkommen will. Denn die Grundsätze, die von der Rechtsprechung in den diversen Verfahren zu § 315 BGB entwickelt worden sind, dürften nicht ohne weiteres übertragbar sein. Zudem ist nach der Rechtsprechung des BGH eine Rückforderung von Netzentgelten im sog. Mehrerlös-Zeitraum zwischen der erstmaligen Beantragung und dem Erlass der ersten Netzentgeltgenehmigung nach § 23a EnWG überhaupt nicht und danach in den Zeiten aufsichtsbehördlich genehmigter Netzentgelte allenfalls in strengen Ausnahmen möglich.

Schöne neue Energiewelt

15. August 2013 um 14:08 von

CuRIn der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Contracting und Recht“ (CuR 02-2013, Seite 51) habe ich unter der Rubrik „CuR Standpunkt“ zu aktuellen Fehlentwicklungen in der Energiepolitik Stellung genommen:

„Es war einmal vor über zwei Jahrzehnten in Brüssel: Seinerzeit wurde die Idee geboren, die europäischen Energiemärkte zu liberalisieren. Weg von den Monopolstrukturen und hin zum Markt, so hieß die Devise, die in Deutschland schneller als europarechtlich gefordert mit dem Energiewirtschaftsgesetz 1998 in nationales Recht umgesetzt wurde. Am Ende sollten die Verbraucher von effizienten wettbewerblichen Prozessen in der Energiewirtschaft und günstigeren Preisen profitieren.

Was ist seither geschehen? Zur Förderung des Wettbewerbs wurde das Netzgeschäft einer strikten Regulierung unterworfen. Das war konsequent, weil das Netz zwangsläufig und dauerhaft Monopolstrukturen ausbildet. Durch staatliche Eingriffe ist inzwischen aber auch vom Wettbewerb auf dem Erzeugungsmarkt kaum noch etwas übrig. Der Betrieb älterer Atomkraftwerke wurde schlicht verboten; neuere Kraftwerke dürfen nur noch für eine Übergangszeit betrieben werden. Volkswirtschaftliches Vermögen in Milliardenwert wurde durch den berühmten „Federstrich des Gesetzgebers“ entwertet. Derselbe Gesetzgeber fördert erneuerbare Energien ohne Rücksicht auf marktwirtschaftliche Zusammenhänge. Im Jahre 2011 wurden rund 16,7 Mrd. EUR an EEG-Anlagenbetreiber ausgeschüttet; gleichzeitig lagen die Erlöse der Übertragungsnetzbetreiber aus der Vermarktung des EEG-Stroms bei rund 4,4 Mrd. EUR. Dabei mussten die Übertragungsnetzbetreiber an einigen Tagen negative Strompreise realisieren, also noch Geld mitbringen, um den zwangsweise übernommenen EEG-Strom absetzen zu können.

Aber damit nicht genug: Wenn sich Betreiber konventioneller Kraftwerke aufgrund der subventionierten EEG-Konkurrenz marktkonform verhalten und ihre Kraftwerke vom Netz nehmen, muss ihnen das staatlicherseits untersagt werden, weil nach all den Eingriffen der vorhandene Kraftwerkspark nicht mehr ausreicht, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Und im Vertrieb? Hier ist scheinbar alles gut. In den einschlägigen Internetportalen können die Kunden aus zahlreichen, oftmals hunderten von Angeboten auswählen. Trotzdem werden von manchen Gerichten die Preise des Grundversorgers einer strikten Kontrolle nach § 315 BGB unterworfen. Der Aufwand zur Darlegung der Billigkeit im Zivilprozess ist dabei oftmals so groß, dass es für die betroffenen Unternehmen weit wirtschaftlicher wäre, die streitige Forderung auszubuchen und dem Kunden zu kündigen. Das ist aber im Bereich der Grundversorgung durch die Grundversorgungsverordnungen Strom und Gas verboten. Insofern findet sich hier eine unselige Mischung aus staatlichem Versorgungszwang und gerichtlicher Preiskontrolle, die auf einem Wettbewerbsmarkt mit effektiven Wechselmöglichkeiten nichts verloren hat. Eine gesetzgeberische Korrektur dieser Entwicklung ist dennoch nicht in Sicht.

Das alles wäre nicht so schlimm, wenn in der Energieversorgung schnelle Reaktionszeiten auf die zahlreichen staatlichen Aktivitäten möglich wären. Das ist aber nicht der Fall. Die Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten (Kraftwerke und Netze) wird auch künftig Jahre dauern. Daran werden alle Beschleunigungsgesetze nichts ändern. Und dann muss man auch noch jemanden finden, der in einem politisch und ökonomisch volatilen Marktumfeld überhaupt langfristig Kapital binden will. Dies mag im Netzbetrieb noch möglich sein, wo die Monopolsituation – bei manchem Ärger der Netzbetreiber über die Ausgestaltung der Regulierung durch die zuständigen Behörden – eine gewisse Planungssicherheit ermöglicht. Aber im Erzeugungsbereich bleiben ältere konventionelle Kraftwerke am Netz, weil keine neuen gebaut werden.

Wohin führt das Ganze? Ein Zurück in die Zeiten geschlossener Versorgungsgebiete wird es nicht geben. Jedoch tut eine Rückbesinnung auf die Grundüberlegung aus den 90iger Jahren Not: Der Wettbewerb als Ordnungsprinzip hat (mit Einschränkungen) funktioniert und dem Land einen erheblichen Wohlstand verschafft. Warum nicht auch in der Energiewirtschaft? Warum hat der Staat hier so viel Angst vor den Geistern, die er vor nicht allzu langer Zeit selbst rief?

Darauf mag man antworten, dass die Energiewende im Wettbewerb nicht funktioniert. Der politisch motivierte (und vom Wahlvolk in großer Mehrheit mitgetragene) Umbau der Energieerzeugung geht schwerlich ohne staatlichen Dirigismus vonstatten. Alle Marktakteure wissen das und richten sich auch für die Zukunft auf staatliche Eingriffe ein. Trotzdem sollte eine neue Bundesregierung wegkommen vom sprunghaften energiepolitischen „Wünsch-Dir-was“ und langfristige Planungssicherheit für die Marktteilnehmer schaffen. Es geht nicht um die Frage Staat oder Markt, sondern um die richtige Mischung. Etwas mehr Markt und etwas weniger staatlicher Aktionismus sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse der einzelnen Energiewende-Maßnahmen wären hilfreich, um zu vermeiden, dass aus einer teuren eine unbezahlbare Energiewende wird.“