Keine Entschädigung für Ausgleichsenergie nach der Härtefallklausel

In einer aktuellen Entscheidung des OLG Bamberg vom 08.02.2024 (8 U 141/22) findet eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten, in denen von einer Abregelung einer EEG-Anlage Betroffene Mehrkosten für bezogene Ausgleichsenergie nach der Härtefallklausel des § 15 EEG a.F. geltend gemacht haben, mutmaßlich seinen Schlusspunkt.
Inzwischen haben mehrere Oberlandesgerichte entschieden, dass dem bilanzkreisverantwortlichen Direktvermarkter kein Anspruch auf Ersatz für abregelungsbedingte höhere Ausgleichsenergiekosten gegen den abregelnden Netzbetreiber zusteht. Dabei wurde über vielfältige Sachverhaltskonstellationen und unterschiedliche rechtliche Argumentationsversuche entschieden. Allen gemeinsam war jeweils, dass dem in § 15 Abs. 1 EEG a.F. (und Vorgängernormen) nicht adressierten Direktvermarkter ein Anspruch auf Ersatz dieser Mehrkosten als „zusätzliche Aufwendungen“ beschert werden sollte. Sämtliche Verfahren verliefen für die Direktvermarkter erfolglos. Etwaige Nichtzulassungsbeschwerden wurden vom BGH zurückgewiesen.
Das Novum in dem durch das OLG Bamberg zu entscheidenden Sachverhalt lag allerdings darin, dass anstelle des Direktvermarkters der Anlagenbetreiber selbst, nachdem er die höheren Ausgleichsenergiekosten an den Direktvermarkter erstattet hatte, als finanziell belasteter Kläger auftrat. Gleichwohl hat das OLG Bamberg unter Verweis auf die anderen obergerichtlichen Urteile entschieden, dass die freiwillige Erstattung durch den Anlagenbetreiber aus den Ausgleichsenergiekosten des Direktvermarkters keineswegs erforderliche und notwendige Aufwendungen des Anlagenbetreibers im Sinne der Härtefallklausel mache.
Dazu fehle es insbesondere an der erforderlichen Unmittelbarkeit zwischen Einspeisemanagementmaßnahme und Aufwendung, die zudem im eigenen Interesse des Anlagenbetreibers erfolgen müsse. Denn die Kosten für die Ausgleichsenergie fielen (unmittelbar) beim Direktvermarkter als Bilanzkreisverantwortlichem und nicht beim Anlagenbetreiber an. Die Belastung des Anlagenbetreibers trete erst durch dessen Vereinbarung mit dem Direktvermarkter ein. Ungeachtet dieses Zwischenschritts, der die Unmittelbarkeit entfallen ließe, werde die Vereinbarung zudem allein zu Gunsten des Direktvermarkters und gleichzeitig zu Lasten des Netzbetreibers geschlossen. Ein eigenes Interesse des Anlagenbetreibers an der Vereinbarung, mit der lediglich die Weiterbelastung begründet werde, existiere nicht. Darüber hinaus verstieße die Vereinbarung des Direktvermarkters mit dem Anlagenbetreiber auch gegen dessen Schadensminderungspflicht, so dass die Aufwendungen des Anlagenbetreibers nicht erforderlich und daher ohnehin nicht ersatzfähig seien.
Für die Zulassung der Revision sah das OLG Bamberg keinen Anlass, da es von den Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte nicht abgewichen sei.
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Der BGH stellt in seiner Entscheidung vom 05.12.2023 – KZR 101/20 klar, dass der bisherige Fernwärmenetzbetreiber nur dann einen Anspruch auf die (erneute) Einräumung von Nutzungsrechten haben kann, wenn die technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten einen parallelen Netzausbau zulassen (Leitsatz a)). Jeder potentiell interessierte Netzbetreiber hat dann einen Anspruch auf die Erteilung eines Wegenutzungsrechts zum Betrieb eines Fernwärmenetzes. Bei bestehenden Netzinfrastrukturen deute die ökonomische Erfahrung aber darauf hin, dass einem Wettbewerb durch parallele Infrastrukturen hohe Marktzutrittsschranken entgegenstehen. Ein bestehendes Fernwärmenetz begründe (regelmäßig) ein natürliches Monopol. Ein Anspruch auf Wiedereinräumung von Wegenutzungsrechten dürfte daher nach der BGH-Entscheidung nur in Ausnahmefällen bestehen.
Die Bundesnetzagentur hat mit den Festlegungen zur Durchführung der netzorientierten Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen in Niederspannung nach § 14a EnWG (Beschlüsse BK6-22-300 und BK8-22/010-A) bundeseinheitliche Regelungen getroffen, nach denen Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen verpflichtet sind, zur Gewährleistung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems Vereinbarungen mit Lieferanten, Letztverbrauchern oder Anschlussnehmern über die netzorientierte Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen oder von Netzanschlüssen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen abzuschließen. Die Festlegungen sind am 01.01.2024 in Kraft getreten und sind nun von den Adressaten umzusetzen. Es besteht grundsätzlich eine Kontrahierungspflicht. Für die Umsetzung kommen zwei Möglichkeiten in Betracht:
Nach einer erklärtermaßen noch vorläufigen Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes liegt der maßgebliche Grenzpreis Strom gem. § 2 Abs. 4 KAV für das Jahr 2022 bei 21,04 ct/kWh. Wesentliche Änderungen bei endgültiger Bekanntgabe des Grenzpreises sind nicht zu erwarten.
Mit Urteil vom 15.06.2023 (Az. 2 U 179/21) hat das Oberlandesgericht Hamm im Rahmen eines Berufungsverfahrens über einen Fall mit einigen für das Vertriebsrecht interessanten Fragestellungen entschieden. Ein Energieversoger hat einen größeren Industriekunden mit Strom beliefert und aufgrund eines Fehlers des Messstellenbetreibers bei der Verarbeitung der Messwerte über Jahre einen deutlich zu niedrigen Stromverbrauch abgerechnet. Nachdem der Fehler auf Seiten des Messstellenbetreibers aufgefallen war, hat der Energieversorger Korrekturrechnungen gegenüber dem Kunden ausgestellt, die mit einer hohen Nachforderung endeten. Der Kunde hat keine Zahlungen an den Versorger geleistet und sich hierbei neben verschiedenen anderen Einwänden u.a. auf die dreijährige Ausschlussfrist aus § 18 Abs. 2 Hs. 2 StromGVV bzw. einer dieser Regelung nachgebildeten Klausel aus den AGB des Liefervertrages berufen. Außerdem hat er für den Fall einer Stattgabe der Klage widerklagend Schadensersatzansprüche geltend gemacht und zur Begründung angeführt, dass ihm bei einer rückwirkenden Abrechnung des höheren Stromverbrauchs wegen der inzwischen abgelaufenen Antragsfristen energie- und steuerrechtliche Privilegierungen in Form einer Reduzierung der EEG-Umlage (im Rahmen der besonderen Ausgleichsregelung) und der Stromsteuer entgehen würden.