Netzausbau – Die europäische PCI-Verordnung als Hilfe oder Hemmnis? –

3. November 2014 um 18:37 von

itm-logo1-220x111Prof. Dr. Holznagel vom ITM (Forschungsstelle Regulierungsrecht) der Universität Münster hat am Mittwoch vergangener Woche (29.10.2014) in Schloss Raesfeld gemeinsam mit der Amprion GmbH eine hoch interessante Veranstaltung zum Netzausbau durchgeführt. Dabei war Schloss Raesfeld nicht nur wegen seiner besonderen Idylle ein sehr geeigneter Veranstaltungsort.

Teil der Veranstaltung war vielmehr die Besichtigung einer Amprion-Baustelle, auf der derzeit bei Raesfeld ein gut 3,5 Kilometer langes Höchstspannungs-Erdkabel verlegt wird. Das Erdkabel ist Teil der Leitung Diele – Niederrhein, die § 2 EnLAG unterfällt. Die Besichtigung der Baustelle hat eindrucksvoll veranschaulicht, wie aufwendig die Erdverkabelung ist – und das schon in einem vergleichsweise einfachen Terrain wie dem Münsterland. Auch wenn Amprion größte Anstrengungen unternimmt, um möglichst umweltschonend zu bauen, hat die Baustelle beeindruckende Ausmaße. Beeindruckend war auch der Hinweis von Amprion, dass die Erdverkabelung ungefähr das sechs- bis achtfache einer üblichen Freileitung kostet.

Fazit: Technisch machbar ist eine Verkabelung auch im Bereich der Höchstspannung, aber es dürfte auf lange Sicht nur in Ausnahmefällen sinnvoll sein. Wer sich ein  eigenes Bild machen möchte,  dem sei ein Besuch der Amprion-Ausstellung zum Erdkabelprojekt im Naturparkhaus beim Schloss Raesfeld empfohlen (http://www.tiergarten-schloss-raesfeld.de).

Quo vadis? – EuGH erklärt Preisanpassungen nach GVV für europarechtswidrig

23. Oktober 2014 um 14:24 von

road-block-453151_640Heute hat der Gerichtshof der Europäischen Union sein Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-359/11 (Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.05.2011, VIII ZR 71/10) und C-400/11 (Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2011, VIII ZR 211/10) verkündet. Gegenstand beider Rechtssachen waren Fragen zum deutschen Preisänderungsrecht gegenüber Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht mit Gas oder Strom beliefert werden und deren Belieferung sich deshalb nach der AVBGasV, der AVBEltV bzw. deren Nachfolgeregelung StromGVV richtete. Demgemäß war das Recht der Versorger (§ 4 Abs. 1 AVBGasV, § 5 Abs. 2 StromGVV) vorgesehen, die Strom- oder Gaspreise einseitig zu ändern, ohne den Anlass, die Voraussetzungen oder den Umfang der Änderungen anzugeben. Es war aber sichergestellt, dass die Kunden über die Preiserhöhung benachrichtigt wurden und den Vertrag gegebenenfalls kündigen konnten. Der Bundesgerichtshof hatte mit den genannten Vorlagebeschlüssen dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage, inwieweit eine solche Regelung den sich aus der sog. Stromrichtlinie 2003/54/EG und der sog. Gasrichtlinie 2003/55/EG ergebenden Transparenzanforderungen genüge, zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Verstoß gegen die „Stromrichtlinie“ 2003/54/EG und gegen die „Gasrichtlinie“ 2003/55/EG gegeben.

Zur Gewährleistung des sich aufgrund der Richtlinien ergebenden hohen Verbraucherschutzes müsse den Kunden nicht nur das Recht eingeräumt werden, sich im Fall von Preisänderungen aus dem Liefervertrag zu lösen, sondern auch die Befugnis, gegen die Preisänderung vorzugehen. Die Möglichkeit der Wahrnehmung dieser Rechte und einer Entscheidung über die Lösung vom Vertrag oder eines Vorgehens gegen die Preiserhöhung in voller Sachkenntnis setzt nach Meinung des Gerichtshofs der Europäischen Union voraus, dass der unter die allgemeine Versorgungspflicht fallende Kunde rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert wird. Da dies in den genannten Verordnungen nicht vorgesehen sei, verstoßen sie gegen die zitierten Richtlinien der Europäischen Union.

Eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des Urteils lehnt der Gerichtshof der Europäischen Union ab, da insbesondere nicht dargelegt worden sei, dass die Infragestellung der Rechtsverhältnisse, deren Wirkung sich in der Vergangenheit erschöpft habe, rückwirkend die gesamte Branche der Strom- und Gasversorgung in Deutschland erschüttern würde. Die Auslegung der genannten Richtlinien gilt somit für alle in ihrem zeitlichen Anwendungsbereich erfolgten Änderungen.

Man darf gespannt sein, welche konkreten Auswirkungen das Urteil auf die nationale Rechtsanwendung entfalten wird.

Neue Verordnung zu § 91 Nr. 7 EEG – partieller Systemwechsel im Wälzungsmechanismus

22. Oktober 2014 um 07:00 von

solar-cells-191689_640Nach aktuellen Informationen will die Bundesregierung von der Verordnungsermächtigung in § 91 Nr. 7 EEG 2014 zeitnah Gebrauch machen. Das Wirtschaftsministerium arbeitet bereits an einem betreffenden Entwurf.

Gemäß § 91 Nr. 7 EEG 2014 kann durch Rechtsverordnung geregelt werden, dass die für eine Eigenversorgung (neuerdings) anfallende EEG-Umlage gemäß § 61 EEG 2014 nicht – wie sonst üblich – durch den regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber erhoben wird, sondern von dem örtlichen (Verteiler‑)Netzbetreiber, an dessen Netz der Eigenversorger angeschlossen ist. Der anschlussgebende Netzbetreiber hat die vereinnahmte EEG-Umlage dann an den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber weiterzureichen. Mit dieser Regelung wird also für den Spezialfall der Eigenversorgung eine klassische Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber an die Verteilernetzbetreiber abgewälzt. Dahinter dürfte der Gedanke stehen, dass die Verteilernetzbetreiber im Zweifel besser mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut sind und daher eine höhere Gewähr für die erfolgreiche Einbeziehung der Eigenversorger in den EEG-Belastungsausgleich bieten können.

Der Entwurf der neuen Verordnung wird voraussichtlich nicht vor dem Jahresende 2014 vorliegen. Über die weitere Entwicklung werden wir Sie jeweils aktuell informieren.

Akteneinsicht im Kartellverfahren

16. Oktober 2014 um 07:15 von

paper-96243_1280Kartelle sind schädlich – das entspricht der allgemeinen Auffassung, weswegen der europäische und der deutsche Gesetzgeber in den letzten Jahren mehrfach die Kartellbekämpfung vereinfacht haben. Ein zentrales Element ist dabei die erleichterte Durchsetzung zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche gegen Kartellanten. Diese können zumeist Akteneinsicht in die bei den Kartellbehörden geführten Ermittlungsakten beantragen, um auf diese Weise die notwenigen Informationen zur Vorbereitung einer zivilrechtlichen Schadenersatzklage zu sammeln.

Jetzt hatte sich das OLG Frankfurt mit einem Akteneinsichtsantrag in einem Fall zu befassen, in dem es nicht um ein Hardcore-Kartell, sondern um einen angeblich überhöhten Trinkwasserpreis ging. Die Landeskartellbehörde hatte ein Kartellverfahren eingeleitet, weil der Trinkwasserpreis des Versorgungsunternehmens angeblich in missbräuchlicher Weise überhöht war. Das Unternehmen hatte im Verwaltungsverfahren pflichtgemäß Auskunft gegeben. Das Kartellverwaltungsverfahren endete dann mit einer sog. Verpflichtungszusage, was einem Vergleich ähnelt. Die Kartellbehörde hat die Zusage des Unternehmens akzeptiert, die Wasserpreise ab dem Jahr 2014 um 20 % zu senken, und das Kartellverfahren sodann eingestellt. Ursprünglich war die Kartellbehörde von einer Überhöhung der Preise um 39 % ausgegangen.

Beim OLG Frankfurt ging es dann um das Akteneinsichtsgesuch des Hauseigentümers, der jahrelang vermeintlich überhöhte Wasserpreise gezahlt hatte. Er hat angekündigt, das Wasserversorgungsunternehmen auf Schadensersatz verklagen zu wollen und brauchte hierfür die Informationen aus dem Verwaltungsverfahren.

In einer Entscheidung von Anfang September dieses Jahres verneinte das OLG Frankfurt zwar einen zwingenden Anspruch des Kunden. Allerdings bestehe ein Anspruch gegen die Behörde, über den Akteneinsichtsantrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Insbesondere könne auch die Absicht, eine zivilrechtliche Schadenersatzklage zu erheben, ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht begründen. Dies sei dann ggf. mit den Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens abzuwägen. Diese Abwägung hatte die Kartellbehörde bislang in rechtswidriger Weise nicht vorgenommen, weswegen das OLG Frankfurt die Verfügung der Kartellbehörde, mit der die Akteneinsicht verweigert worden war, aufgehoben hat.

BGH entscheidet gegen Stadtwerke Olching

13. Oktober 2014 um 07:00 von

Strommast Ausschnitt grauVor einem Jahr hatte eine Entscheidung des OLG München für Furore gesorgt: In einem Rechtsstreit über die Übernahme des Versorgungsnetzes hatte der Alt-Konzessionär geltend gemacht, der neu abgeschlossen Konzessionsvertrag enthalte unzulässige Nebenleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV. Dem war das OLG München gefolgt und hatte die Klage des Neu-Konzessionärs abgewiesen, weil der Konzessionsvertrag gemäß § 134 BGB insgesamt nichtig sei.

Eine erhebliche Aufmerksamkeit hat die Entscheidung des OLG München deshalb erlangt, weil die dort in Rede stehenden Vertragsklauseln (z.B. Unterstützung der Gemeinde bei der Erstellung eines Energiekonzepts) in zahlreichen anderen Konzessionsverträgen so oder ähnlich enthalten waren. Gerade wegen der vom OLG München angenommenen Rechtsfolge – Nichtigkeit nicht nur der in Rede stehenden Vertragsklausel, sondern des gesamten Konzessionsvertrages – ergaben sich Befürchtungen, dass zahlreiche Konzessionsverträge unter Anlegung dieses strengen Maßstabs nichtig sein würden.

Jetzt hat der BGH durch Urteil vom 07.10.2014 die Revision der Stadtwerke Olching zurückgewiesen und damit das OLG München bestätigt. Ob es sich um eine Bestätigung nur im Ergebnis oder auch in der Sache handelt, bleibt abzuwarten – die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Jedenfalls zeigt die BGH-Entscheidung einmal mehr, dass beim Abschluss von Konzessionsverträgen und damit zugleich auch zeitlich vorgelagert beim Angebot solcher Verträge im Rahmen des wettbewerblichen Bieterverfahrens höchste Vorsicht geboten ist.