BK6-24-267: Wenn das Einfamilienhaus zum Bilanzierungsgebiet wird…
Was über die NZR-EMob-Festlegung der Bundesnetzagentur bislang vor allem für große Ladeparks oder öffentliche Ladeinfrastrukturen gedacht war, hält nun Einzug ins private Eigenheim: Die Bundesnetzagentur hat mit Beschluss vom 15.05.2025 (BK6-24-267) entschieden, dass die Kundenanlage eines einzelnen Einfamilienhauses zum bilanziellen Netzübergabepunkt werden kann – und damit zum eigenständigen virtuellen Bilanzierungsgebiet, in dem ladevorgangsscharfe Zuordnungen der Ladestrommengen auf verschiedene Lieferanten ermöglicht werden müssen. Der Fall hat das Potenzial, die Kosten der Verteilernetzbetreiber für die Umsetzung jedweder Netzzugangsmodelle in der Marktkommunikation weiter wachsen zu lassen.
Der Bilanzierungsdienstleister wollte im Wege eines Besonderen Missbrauchsverfahrens erreichen, dass der Stromverbrauch des gesamten Haushalts inklusive der nicht-öffentlichen Wallbox als Netzübergabestelle über eine viertelstündliche Netzgangzeitreihe (NGZ) bilanziert wird und berief sich auf den Netzzugangsanspruch aus § 20 EnWG. Der Hintergrund: Über den werkseitig verbauten Zähler in der Wallbox und dessen Backendanbindung ließen sich z.B. private und dienstliche Ladevorgänge (Dienstwagen/privater Zweitwagen) separat mit unterschiedlichen Tarifen und Lieferanten abrechnen. Zudem würden Umbaukosten für Zählerschrank sowie für eine separate Messung der Wallbox als steuerbare Verbrauchseinrichtung entfallen.
Der örtliche Netzbetreiber hatte dieses individuelle Netzzugangsmodell zunächst abgelehnt und verwies auf fehlende Standardprozesse, da die Netzzugangsregelung NZR-EMob nur für den öffentlichen Bereich verbindlich und ausschließlich auf die Bilanzierung von E-Mobilitätsstrom angelegt sei. Bei privaten Ladepunkten in der Kundenanlage hingegen würde auch Haushaltsstrom sowie der Bezug weiterer steuerbarer Verbrauchseinrichtungen im Sinne des § 14a EnWG in das virtuelle Bilanzierungsgebiet übernommen. Zudem wären evtl. auch weitere bilanzierungsrelevante (Unter-)Zählpunkte in der Kundenlage von der Übernahme in das neue Bilanzierungsgebiet betroffen.
In der Konsequenz könne der Netzbetreiber in komplexeren Kundenanlagenstrukturen im fremden Bilanzierungsgebiet weder für separat gemessene steuerbare Verbrauchseinrichtungen reduzierte Netzentgelte im Modul 2 gewähren noch die EEG-Förderung für eine oder mehrere Erzeugungsanlagen hinter der Netzübergabestelle abwickeln.
Die Bundesnetzagentur entschied jedoch anders: Der Netzbetreiber muss mitwirken, da die administrativen Kosten für den Aufbau des Bilanzierungsgebietes und der Abwicklung der Marktkommunikation in entsprechender Anwendung der NZR-EMob nicht unzumutbar im Sinne des § 20 Abs. 2 EnWG seien.
Allerdings gelte dies (vorerst) nur, soweit sich wie im vorliegenden Fall in der Kundenanlage weder eine geförderte EEG-Anlage noch sonstige komplexe Strukturen befänden.
Der Beschluss der Bundesnetzagentur ist inzwischen bestandskräftig.
Das Landgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 03.07.2025 (Az. 14d O 25/24) entschieden, dass der Netzbetreiber im Falle der irregulären Entnahme von Strommengen unmittelbar aus seinen Betriebsanlagen hinsichtlich etwaiger Ersatzansprüche aktivlegitimiert ist. Der Bundesgerichtshof hatte diese Frage zuletzt in seinem Beschluss vom 10.05.2022 (Az. EnZR 54/21) ausdrücklich offengelassen.
Mit Entscheidung vom heutigen Tag (28.11.2024) hat der EuGH (C‑293/23) festgestellt, dass zur Bestimmung eines Verteilernetzes nach nationalem Recht keine anderen Eigenschaften herangezogen werden dürfen als das Kriterium der Spannungsebene und das Kriterium der Kategorie von Kunden, an die der Strom weitergeleitet wird. Hinfällig sind demnach alle weiteren Abgrenzungsmerkmale, wie sie in § 3 Nr.24a und 24b EnWG normiert sind. Der EuGH führt wörtlich aus:
Am 19.09.2024 hat sich wohl erstmals ein Oberlandesgericht mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen der von der Bundesnetzagentur (BNetzA) vorgegebene Messstellenbetreiber-Rahmenvertag (MSB-RV) seitens der Netzbetreiberin aus wichtigem Grund gekündigt werden kann.
Das Landgericht Stuttgart hat sich in einer Entscheidung vom 29.04.2024 (35 O 24/24 KfH) mit unterschiedlichen Aspekten der Verfahrensgestaltung auf der zweiten Stufe des Rüge- und Präklusionsregime nach § 47 EnWG befasst.