Verbraucherzentrale unterliegt bei Preisspaltung
Mit Beschluss vom 01.04.2022 hat das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf VI-5 W 2/22 (Kart)) die sofortige Beschwerde der Verbraucherzentrale NRW gegen eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund (10 O 11/22 [EnW]) zurückgewiesen, was die von einem Grundversorger vorgenommene Preisspaltung mit einer tariflichen Differenzierung zwischen Neu- und Altkunden als rechtmäßig bestätigt hatte.
Im Beschwerdeverfahren hielt das OLG Düsseldorf die landgerichtliche Entscheidung aufrecht und schloss sich einer inhaltsgleichen Entscheidung des OLG Köln vom 02.03.2022 an. Auch das OLG Düsseldorf verwarf die Argumentation der Verbraucherzentrale, aus einer europarechtskonformen Auslegung des § 36 EnWG ergäbe sich das Verbot einer Preisspaltung. Eine Ungleichbehandlung von Kunden sei nicht per se, sondern nur dann verboten, wenn sie ohne sachlich gerechtfertigten Grund erfolge. Ein solcher sei hier allerdings aufgrund der erheblichen Verwerfungen durch die unvorhersehbare Entwicklung auf den Energiemärkten zum Ende des Jahres 2021 gegeben.
Mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf sind zwei von drei Eilverfahren zu Gunsten der beklagten Grundversorger erledigt. In einem dritten Verfahren hatte das Landgericht Düsseldorf vor einigen Tagen den Eilantrag der Verbraucherzentrale durch Urteil zurückgewiesen. Insoweit läuft noch die Rechtsmittelfrist. Allerdings müsste über eine Berufung erneut das OLG Düsseldorf entscheiden. Von daher bleibt abzuwarten, ob die Verbraucherzentrale in diesem Verfahren noch Berufung einlegt.
Gespaltene Preise in der Grund- und Ersatzversorgung sind nach Auffassung des Landgerichts Dortmund mit § 36 EnWG vereinbar. § 36 EnWG regle nämlich nicht die Einzelheiten der Ausgestaltung des Energieliefervertrages . Weiter sei die Rechtsprechung des BGH, wonach ein Grund- und Ersatzversorger mehrere Preise und Tarife anbieten dürfe, auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, dass die Preisspaltung auf unterschiedlichen Beschaffungskosten basiere.
Die dramatisch steigenden Preise für Strom und Gas an den Großhandelsmärkten werden absehbar dazu führen, dass in deutlich stärkerem Ausmaß als bislang üblich Sonderkundenverträge lieferanten- oder kundenseitig gekündigt werden oder womöglich Lieferanten in die Insolvenz fallen. Soweit dann Haushaltskunden keinen neuen Sondervertrag abschließen, fallen sie in die Grundversorgung. Insoweit stellen sich weniger rechtliche als kommerzielle Fragen bezüglich der kurzfristigen Beschaffungsstrategie und damit einhergehend der Preiskalkulation in der Grundversorgung.
Angesichts der vermehrten Anfragen zur Änderung der StromGVV/GasGVV wollen wir darauf aufmerksam machen, dass die Änderung zu § 19 GVV noch keine beschlossene Sache ist. Zwar hat der Bundesrat mit Beschluss vom 30.06.2021 seine Zustimmung zu den GVV mit der Maßgabe entsprechender Änderungen in § 19 erteilt. Jetzt bedarf es allerdings erst wieder eines Tätigwerdens der Bundesregierung, die hier ihr Einverständnis erteilen müsste. Nach unserer Kenntnis ist der BDEW bereits tätig geworden und hat zum einen die wirtschaftlichen Folgen der vom Bundesrat verlangten Änderung aufgezeigt und zum anderen die Rechtsfrage aufgeworfen, ob die Änderung von der Ermächtigungsgrundlage in § 37 Abs. 3 EnWG überhaupt gedeckt ist. Denn es ist zweifelhaft, dass die Regelung nicht nur die Interessen der Haushaltskunden, sondern auch diejenigen der Energieversorgungsunternehmen berücksichtigt, wie es § 37 Abs. 3 EnWG verlangt.