Wärmewende – kommunale Wärmeplanung

4. April 2023 um 09:00 von

Lange haben die Koalitionsfraktionen in der vergangenen Woche zum Thema Wärmewende getagt; der Koalitionsausschuss ging schlagzeilenträchtig in die Verlängerung und am Ende wurden die Pläne von Wirtschaftsminister Habeck, den Einbau neuer Gasheizungen ab 2024 zu verbieten, in ihrer ursprünglichen Rigorosität kassiert. Wie jetzt genau die gefundenen Kompromisse – insb. im Gebäudeenergiegesetz – umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung hält allerdings erklärtermaßen an dem Ziel fest, die Wärmewende deutlich beschleunigen zu wollen.

Zugleich verzögert sich allerdings eines der zentralen Beschleunigungseinstrumente. Schon im vergangenen Sommer hatte das BMWK ein Diskussionspapier vorgelegt, das in ein Gesetz zum kommunalen Wärmeplan münden soll. Ein offizieller Gesetzesentwurf ist allerdings weiterhin nicht bekannt. Nach den vorliegenden Informationen sollen indirekt die Kommunen ab einer bestimmten Mindestgröße verpflichtet werden, kommunale Wärmepläne zu erstellen. Soweit bekannt soll die Mindestgröße bei etwa 10.000 bis 20.000 Einwohnern liegen. Indirekt ist die Verpflichtung deshalb, weil der Bund aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht direkt die Kommunen in die Pflicht nehmen darf. Adressat des zu erwartenden Bundesgesetzes sind damit die Länder, die dann ihrerseits die Kommunen verpflichten müssen. Entsprechende Landesgesetze gibt es bereits in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hessen.

Die kommunalen Wärmepläne sollen die dezentrale Organisation der Wärmewende erleichtern und dazu beitragen, dass die Besonderheiten vor Ort zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Klimaneutralität angemessen berücksichtigt werden. Ungeachtet des dezentralen Ansatzes stellen sich zahlreiche (Rechts-)Fragen auch auf der Bundesebene, beispielsweise rund um den unvermeidlichen Rückbau der überregional organisierten Gasversorgung. Diese Fragen betreffen u.a. die Finanzierung des schrittweisen Ausstiegs aus der Erdgasversorgung und damit den regulierungsrechtlichen Ordnungsrahmen. Zugleich geht es um die Finanzierbarkeit des Gasnetzbetriebs für die sukzessive weniger werdenden Kunden bis zu einem Ausstieg.

Von daher bedarf es eines planerischen und gesetzgeberischen Miteinander auf allen politischen Ebenen von Bund, Ländern und Kommunen, um die höchst komplexe Mammutaufgabe der Wärmewende bewältigen zu können.

Der Ton macht die Musik – gerade beim Zutritt

16. Februar 2023 um 17:51 von

Sie kennen das Problem: Jeder möchte Strom und Gas zu jeder Zeit verfügbar haben; und das möglichst kostengünstig. Sobald es aber daran geht, einem Nachbarn oder gar einer Person, die man nicht einmal kennt, durch Bereitstellen des eigenen Eigentums die gleichen Möglichkeiten zu eröffnen, fehlen jegliche Bereitschaft und jegliches Verständnis.

Der Teufel steckt aber wie so oft im Detail. Obwohl § 12 NAV/NDAV sowie § 8 AVBFernwärmeV/AVBWasserV nicht übermäßig kompliziert aufgebaut sind, treten trotz einschlägiger Rechtsprechung immer wieder neue Fallstricke auf, die es zu umgehen gilt. Aber ein weiterer, nicht zu unterschätzender Faktor kommt hinzu: die soziale Komponente. Sobald es an das eigene Eigentum geht, ist die Schwelle der Reizbarkeit äußerst niedrig. Dies gilt auch bei Zutrittsbegehren für Zählerwechsel, wenn etwa die Eichfrist abgelaufen und der Austausch erforderlich ist. Oftmals fehlt bei den betroffenen Anschlussnehmern das Verständnis, warum ausgerechnet jetzt bei Ihnen ein Zählerwechsel erfolgen soll. Nicht minder kompliziert gestaltet sich regelmäßig die Durchsetzung von Zutrittsbegehren aufgrund von notwendig gewordenen Instandsetzungsarbeiten an Leitungsteilen.

Den Unmut der Kunden bekommen die Mitarbeiter vor Ort immer wieder intensiv zu spüren. Deswegen ist es äußerst wichtig, den richtigen Ton zu treffen. Dies gilt auch und vor allem, wenn sich die Einschaltung eines Rechtsbeistandes nicht mehr vermeiden lässt. Ungeschickt formulierte Schreiben eines Rechtsanwalts können die Fronten für langen Zeit verhärten. Dies kann letztlich auch zu Schwierigkeiten im Umgang mit öffentlichen Stellen führen. Einschlägige Erfahrungen zeigen, dass Gerichte umso schneller einen „Schutzreflex“ zu Gunsten des Kunden entwickeln, je schwieriger sich die vorgerichtliche Korrespondenz – durch den Netzbetreiber veranlasst – gestaltet hat. Gleiches gilt gegenüber Vollstreckungsbehörden, falls deren Einschaltung beispielsweise im Anschluss an ein Eilrechtsschutzverfahren erforderlich wird. Daher ist, auch weil man sich zumeist zweimal im Leben sieht, Bedacht in der Ansprache an den Kunden geboten.

2. ÄndG zum BEHG

18. November 2022 um 09:00 von

Das 2. ÄndG zum BEHG ist im BGBl. Das Gesetz enthält u.a.

  • die Verschiebung der Anhebung der CO2-Preise um ein Jahr (nicht jedoch des Beginns der Versteigerungsperiode),
  • die Änderung der Verordnungsermächtigung zur Bemessung des CO2-Ausstoßes für biogene Einsatzstoffe, wonach nur noch „nachhaltige“ Bioeinsatzstoffe, „erneuerbare“ flüssige und gasförmige Einsatzstoffe und Klärschlamm mit dem Faktor Null bepreist werden sollen.

Hinweis: Das BGBl. enthält eine weitere Änderung des Heizkostenzuschussgesetzes, nicht jedoch das Soforthilfegesetz! Wir bleiben dran.

Flucht in die Grundversorgung dauert an

10. November 2022 um 09:00 von

Die aktuelle Preissituation auf den Energiemärkten stellt alle Marktbeteiligten vor neue Probleme. Manche Kunden erhalten kein (preisgünstiges) Angebot für eine Energiebelieferung auf Basis eines Sondervertrages und suchen ihr Heil daher in der Grundversorgung. Selbst Mittelspannungskunden haben in Einzelfällen schon eine Belieferung zu Grundversorgungstarifen verlangt. Das ist allerdings mit § 36 EnWG offensichtlich unvereinbar. Grundversorgungsfähig sind nur Haushaltskunden, die an das Niederspannungsnetz- bzw. Niederdrucknetz angeschlossen sind. In vielen Konstellation ist die Eigenschaft als Haushaltskunde allerdings streitanfällig. Beispielsweise argumentieren inzwischen gewerbliche Vermieter, die Strom oder insb. Gas zur Versorgung ihrer Mieträumlichkeiten kaufen, mit der Haushaltskunden-Eigenschaft ihrer Mieter.

Diejenigen Versorgungsunternehmen, die in solchen Konstellationen (richtigerweise) eine Grundversorgung ablehnen, sind gut beraten, ihre weiteren Prozesse zu überprüfen. Der Preisunterschied zwischen den Grund- und Ersatzversorgungstarifen ist in der Regel eklatant, so dass ein Streit über die Rechnungshöhe vielfach vorprogrammiert ist. Darüber hinaus endet die Ersatzversorgung nach drei Monaten, und es ist keineswegs sichergestellt, dass sich der Kunde um eine Anschlussbelieferung kümmert. Er steht ja gerade auf dem Standpunkt, einen Anspruch auf Grundversorgung zu haben. Individuelle Vereinbarungen mit den Kunden können eine Lösung bringen, aber diese zu erzielen setzt eine Verhandlungsbereitschaft des Kunden voraus.

Damit bleibt als ultima ratio die Sperrung. Ob und wie schnell man in solchen Fällen sperren kann, ist rechtlich noch nicht endgültig geklärt. Es spricht einiges dafür, dass die strengen Anforderungen des § 19 GVV für die Fälle der (beendeten) Ersatzversorgung nicht gelten. Allerdings dürfte eine Vorankündigung schon deshalb unentbehrlich sein, damit die Betroffenen sicherstellen können, dass keine Schäden an ihren Geräten entstehen. Eine solche Vorankündigung dürfte in vielen Fällen den Widerstand der Kunden gegen die Sperrung auslösen, sei es in Form eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, sei es durch eine Zutrittsverweigerung, auf die dann wiederum das EVU rechtlich reagieren muss. Eine gründliche Planung der Eskalationsmaßnahmen ist auch im Sperrprozess außerhalb von § 19 GVV unentbehrlich.

Umsatzsteuer & Co. – Maßnahmen zur Entlastung und Förderung

26. Oktober 2022 um 10:00 von

I. Temporäre Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gas- und Fernwärmelieferungen über Versorgungsnetze

Durch das „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ (BGBl. I S. 1743) wird der Umsatzsteuersatz für Gas- und Fernwärmelieferungen über ein Erdgas- bzw. Wärmenetz befristet vom 01.10.2022 bis zum 31.03.2024 von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt. Die in die § 28 Abs. 5 und Abs. 6 Umsatzsteuergesetz (UStG) aufgenommene Regelung tritt rückwirkend zum 01.10.2022 in Kraft.

Voraussetzung für die Ermäßigung ist, dass das Gas (Erdgas oder Biogas) vom leistenden Unternehmer aus dem Erdgasnetz entnommen wird, so dass andere Vertriebswege über Tankwagen oder Kartuschen nicht begünstigt werden.

Problematisch ist der Wortlaut im Hinblick einer Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz, da dadurch (Fern-)Wärmelieferungen über Contracting-Anlagen, die sich innerhalb des Gebäudes befinden oder kein verteilendes Quartiersnetz versorgen, nicht erfasst werden. Das BMF-Schreiben vom 25.10.2022 (Rn. 9) stellt jedoch fest, dass damit die Lieferung von Wärme aus einer Wärmeerzeugungsanlage begünstigt sei. Insofern scheint es vertretbar, den niedrigen Umsatzsteuersatz auch auf die Lieferung aus Contracting-Anlagen in Wohngebäuden anzuwenden.

Ebenfalls begünstigt werden die Leistungen zur Herstellung des Erdgas- oder Fernwärmehausanschlusses. Das BMF-Schreiben vom 25.10.2022 zur Absenkung des Umsatzsteuersatzes verweist insoweit auf die Ausführungen im BMF-Schreiben vom 04.02.2021 zu Hauswasseranschlüssen (2021/0107398), wonach auch Wartungs- und Reparaturleistungen an solchen Hausanschlüssen unter die Begünstigung fallen.

Grundsätzlich sind nach vorgenannten BMF-Schreiben alle Gas- und Fernwärmelieferungen erst mit Ablauf des jeweiligen Ablesezeitraums als ausgeführt zu behandeln, so dass auch für Teilleistungen, die vor dem 01.10.2022 erbracht wurden, bei einer danach erfolgenden (Turnus-)Abrechnung der ermäßigte Steuersatz für den gesamten Ablesezeitraum anzuwenden wäre. Dem Versorgungsunternehmen bleibt es jedoch unbenommen, den Verbrauch im Abrechnungszeitraum entsprechend anteilig abzugrenzen und mit unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen abzurechnen.

Das BMF-Schreiben folgt insoweit auch den bereits in der temporären Absenkung zwischen dem 01.07.2020 und 31.12.2020 (BMF-Schreiben vom 30.06.2020 (2020/0610691)) erlassenen Nichtbeanstandungsregelungen im Hinblick auf die Behandlung von Abschlagszahlungen. So wird es nicht beanstandet, wenn vorsteuerabzugsberechtigte Kunden aus den Abschlagsrechnungen einen Vorsteuerabzug auf der Grundlage von 19 Prozent geltend machen und der Vorsteuerabzug für die gesamte Leistung erst auf der Grundlage der späteren Endabrechnung auf den zulässigen Wert korrigiert wird.

 

II. Geplante Umsatzsteuerbefreiung auf Lieferungen von Solaranlagen und zugehörige Batteriespeicher bis 30 kWp

Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 (Drucksache 20/3879; Stand 10.10.2022) sieht die Einführung eines Nullsteuersatzes mit Vorsteuerabzug für die Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen ab dem 01.01.2023 vor. Die Befreiung soll auch für die wesentlichen Komponenten und der Batteriespeicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, gelten.

Voraussetzung für die Anwendung der Nullsteuersatzes gemäß § 12 Abs. 3 UStG-E ist es, dass die Photovoltaikanlage gemäß der Anmeldung im Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp hat und die Photovoltaikanlage auf und in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.

Die Finanzverwaltung NRW weist darauf hin, dass in Fällen, in denen im Jahr 2022 Anzahlungsrechnungen unter Anwendung des Regelsteuersatzes in Höhe von 19% erstellt wurden, diese mit der Schlussrechnung bei Abschluss der Installation nach dem 01.01.2023 korrigiert und der Nullsteuersatz auf die gesamte Leistung anzuwenden ist.

Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (2006/112/EG) erlaubt es den Mitgliedstaaten aufgrund einer Ausnahmeregelung in Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug oder einen unter dem Mindestsatz von 5% liegenden Steuersatz auf bestimmte Gegenstände und Dienstleistungen des Anhang III anzuwenden. Darunter fallen auch gemäß Nummer 10c des Anhang III die Lieferung und Installation von Solarpaneelen. Ob die die geplante (Mit-)Befreiung der zugehörigen Batteriespeicher insoweit beanstandet wird oder eine Klarstellung in der Richtlinie erfolgt, bleibt abzuwarten.

 

III. Einkommenssteuerbefreiung für Betreiber von Solaranlagen auf Wohn- und Gewerbeimmobilien geplant

Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 (Drucksache 20/3879; Stand 10.10.2022) sieht zugleich eine Befreiung von der Einkommenssteuer (§ 3 Nr. 72 EStG-E) für Betreiber von Photovoltaikanlagen auf oder an Einfamilienhäusern bis 30 kWp für Einkünfte ab dem 01.01.2023 (§ 51 Abs. 4 Satz 27 EStG-E) vor. Das gleiche gilt für Mehrfamilienhäuser, wenn die Photovoltaikanlage 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit nicht überschreitet. Die bisher vorgesehene Maximalschwelle von 100 kWp pro Steuerpflichtigen (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) befindet sich im Hinblick auf den Wegfall der 100 kWp-Begrenzung für Mieterstromanlagen im EEG 2023 noch in der Diskussion.

Die Steuerbefreiung soll nach der Gesetzesbegründung unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms und dem Inbetriebnahmedatum der Anlage gelten. Damit sind auch Einnahmen aus Photovoltaikanlagen, bei denen der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist, zum Aufladen eines privaten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht oder von Mietern genutzt wird, steuerfrei.

Zweck der Änderungen ist der Abbau bürokratischen Aufwandes für private Anlagenbetreiber, die bisher eine Einnahm-Überschussrechnung erstellen mussten oder zum Zwecke des Vorsteuerabzuges einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UstG) vorgenommen haben.

Somit könnten zukünftig auch vermögensverwaltende Personengesellschaften (z. B. Vermietungs-GbR) auf ihren Mietobjekten Photovoltaikanlagen von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- und Gewerbeeinheit (max. 100 kW (peak)) installieren und ihre Mieter mit selbst produziertem Strom versorgen, ohne steuerliche Nachteile durch eine gewerbliche Infektion der Vermietungseinkünfte befürchten zu müssen.

 

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