BVerwG klärt Streit zur Bestimmung des Grundversorgers

27. Oktober 2021 um 10:13 von

Jahrelang herrschte Unsicherheit, wie der Grundversorger gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG zu bestimmen ist. Denn § 36 Abs. 2 Satz 1 EnWG ordnet lediglich an, dass Grundversorger jeweils das Energieversorgungsunternehmen ist, das die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet der allgemeinen Versorgung beliefert. Wie das Netzgebiet der allgemeinen Versorgung bestimmt wird, blieb dabei unklar. Die gesetzliche Definition des Energieversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung in § 3 Nr. 17 EnWG, von der alle Netze, die der Verteilung von Energie an Dritte dienen und grundsätzlich für die Versorgung jedes Letztverbrauchers offen stehen, umfasst sind, war nur wenig hilfreich. Denn diese betrifft allenfalls den sachlichen, nicht aber den räumlichen Anwendungsbereich, zu dem verschiedene Rechtsauffassungen vertreten wurden.

Zum Teil wurde auf die Ausdehnung des Niederspannungs- bzw. Niederdrucknetzes des jeweiligen Netzbetreibers abgestellt. Nach anderen Auffassungen sollte jeweils das Gemeinde- oder das Konzessionsgebiet (wohl herrschende Meinung) maßgeblich sein. Nunmehr hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26.10.2021 (8 C 2.21) der letzten Meinung angeschlossen und entschieden, dass es einzig auf das Konzessionsgebiet ankomme. Mit dieser Entscheidung ist damit nicht nur geklärt, dass die Ausdehnung des Netzes keine Rolle spielt, sondern auch, dass bei einer Gemeinde, die in mehrere Konzessionsgebiete unterteilt ist, der Grundversorger für jedes dieser Gebiete gesondert zu bestimmen ist.

Dieses Ergebnis werde – so die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts – durch die in § 3 Nr. 29c und § 46 Abs. 2 Satz 1 EnWG angelegte Verknüpfung zwischen den Netzgebieten der allgemeinen Versorgung und den Konzessionsgebieten innerhalb einer Gemeinde sowie die gesetzlichen Zwecken einer effizienten Energieversorgung und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs in diesem Bereich (§ 1 Abs. 1 und 2 EnWG) bestätigt.

Die vollständige Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts finden sie hier.

Bundesrat stimmt neuen Anforderungen an öffentliche Ladepunkte zu

20. September 2021 um 15:58 von

Der Bundesrat hat am 17.09.2021 der Änderung der Ladesäulenverordnung (LSV) zugestimmt. Kernstück der Änderungen ist die Verpflichtung, dass alle ab dem 01.07.2023 in Betrieb genommenen öffentlichen Ladepunkte am Gerät oder in unmittelbarer Nähe über eine Bezahlmöglichkeit per Kredit- oder Debitkarte (z.B. girocard) verfügen müssen.

Die Karten müssen per Nahfeldkommunikation (NFC) lesbar sein, und die Authentifizierung des Nutzers muss den Vorgaben des § 55 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) entsprechen, wonach eine sog. starke Kundenauthentifizierung für elektronische Bezahlvorgänge verpflichtend ist. Dies wird in der Regel über eine PIN-Eingabe zu erfolgen haben.

Zusätzlich können die bereits etablierten Möglichkeiten einer webbasierten Zahlung (z.B. durch Scannen eines QR-Codes) angeboten werden, wenn die Menüführung mindestens auf Deutsch und Englisch verfügbar ist und der Zahlungsvorgang für den Nutzer kostenfrei ist.

Den Ausschussempfehlungen und einem Antrag aus Schleswig-Holstein, die aus Gründen einer drohenden Verteuerung von Ladeinfrastruktur empfohlen hatten, einen solchen Einbau von Kartenterminals nur optional vorzusehen, wurde nicht gefolgt.

Bereits ab dem 01.03.2022 müssen öffentliche Ladepunkte zusätzlich über eine standarisierte Schnittstelle verfügen, über welche die Abrechnungsdaten sowie dynamische Daten zur Betriebsbereitschaft und Belegungsstatus an ein Backend und eRoaming-Netzwerke übertragen werden können. Als Standard dafür soll das Open Charge Point Protocol (OCPP) in der DIN EN 63110 festgelegt werden.

Klargestellt wurde diesbezüglich in § 3 Abs. 6 LSV, dass die Abrechnungsdaten nicht über ein Smart-Meter-Gateway (SMGW)  übertragen, sondern diese lediglich zur Übertragung der energiewirtschaftlich relevanten Mess- und Steuerungsvorgänge eingesetzt werden müssen. Damit muss nicht jeder Ladepunkt angebunden sein, sondern ein SMGW am Netzanschlusspunkt reicht aus. Die technischen Anforderungen dazu sind ab dem Zeitpunkt der Markterklärung des BSI gem. § 30 MsbG für diese Einbaufälle umzusetzen.

Über eine Präzisierung der Definition, wann ein Ladepunkt öffentlich ist, wurde es schließlich Betreibern von Ladepunkten, deren zugehöriger Parkplatz allgemein befahren werden kann,  ermöglicht, mittels Aufstellen einer deutlich sichtbaren Kennzeichnung, die Nutzung auf einen individuell bestimmten Personenkreis einzuschränken. Dies soll es z.B. Betreibern von Hotels oder Arztpraxen ermöglichen, durch eine Beschilderung die Öffentlichkeit auszuschließen und damit die Anwendung der Ladensäulenverordnung zu vermeiden.

Die Neufassung der Ladesäulenverordnung wird ab dem auf die Verkündung folgenden Quartal Inkrafttreten, also spätestens zum 01.01.2022. Die vor den oben genannten Daten in Betrieb genommenen Ladepunkte müssen aber nicht nachgerüstet werden.

Ergänzend wird die derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindliche Neufassung der Preisangabenverordnung (PAngV) ab dem 28.05.2022 vorschreiben, dass Anbieter von Ladestrom an Ladepunkten, an denen das punktuelle Laden möglich ist, den Arbeitspreis in ct/kWh angeben müssen. Dies kann am Ladepunkt oder in dessen unmittelbarer Nähe entweder durch eine Anzeige im Display oder durch Aufkleber, Preisaushang oder mittels kostenloser mobiler Webseite, auf die am Ladepunkt hingewiesen wird, erfolgen. Ein Verstoß soll als Ordnungswidrigkeit im des § 3 Wirtschaftsstrafgesetzes gewertet werden, wonach Bußgelder in der Höhe bis zu 25.000,- € möglich wären.

Zugang zu Ladepunkten?

16. Juli 2021 um 12:02 von

Mit Festlegung vom 21.12.2020 (BK6-20-160) hat die Bundesnetzagentur die Netzbetreiber verpflichtet, den Betreibern von Ladepunkten Netzzugang zur Ermöglichung einer ladevorgangscharfen bilanziellen Energiemengenzuordnung zu ermöglichen. Der Ökostrom-Anbieter LichtBlick geht noch einen Schritt weiter und begehrt den Zugang zur Ladeinfrastruktur selbst.

LichtBlick hat nach eigenen Angaben beim Datendienstleister Statista die Auswertung des Ladesäulenregisters der Bundesnetzagentur in Bezug auf „Monopolstrukturen“ beauftragt. Mit dem Ergebnis dieser Auswertung – nämlich dass sich jeweils wenige „Platzhirsche“ den regionalen Ladesäulenmarkt teilen – propagiert LichtBlick nun, dass auch der Zugang zur Ladeinfrastruktur gewährt werden müsse.

Allerdings ist eine rechtliche Grundlage für eine etwaige Verpflichtung der Ladeinfrastrukturbetreiber nicht ersichtlich. Das Regulierungsrecht des EnWG endet an der Schnittstelle zwischen Netz und Ladeinfrastruktur. Mehr als fraglich ist auch ein kartellrechtlicher Anspruch. Denn neben der unklaren Bestimmung des räumlichen Marktes ist insbesondere der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nicht offenkundig. Allein die Tatsache, dass jemand alleiniger Betreiber technischer Einrichtungen ist, macht ihn noch nicht zum zugangsverpflichteten Monopolisten. Durchgreifende Gründe, warum anderen Unternehmen der Zugang zum Markt – etwa mittels Errichtung eigener Ladeinfrastruktur – unzumutbar sein sollte, sind nicht ohne weiteres erkennbar.

Änderung der StromGVV/GasGVV

15. Juli 2021 um 17:34 von

Angesichts der vermehrten Anfragen zur Änderung der StromGVV/GasGVV wollen wir darauf aufmerksam machen, dass die Änderung zu § 19 GVV noch keine beschlossene Sache ist. Zwar hat der Bundesrat mit Beschluss vom 30.06.2021 seine Zustimmung zu den GVV mit der Maßgabe entsprechender Änderungen in § 19 erteilt. Jetzt bedarf es allerdings erst wieder eines Tätigwerdens der Bundesregierung, die hier ihr Einverständnis erteilen müsste. Nach unserer Kenntnis ist der BDEW bereits tätig geworden und hat zum einen die wirtschaftlichen Folgen der vom Bundesrat verlangten Änderung aufgezeigt und zum anderen die Rechtsfrage aufgeworfen, ob die Änderung von der Ermächtigungsgrundlage in § 37 Abs. 3 EnWG überhaupt gedeckt ist. Denn es ist zweifelhaft, dass die Regelung nicht nur die Interessen der Haushaltskunden, sondern auch diejenigen der Energieversorgungsunternehmen berücksichtigt, wie es § 37 Abs. 3 EnWG verlangt.

Abhängig vom Wahlkampf könnte es die Bundesregierung auch nicht unbedingt eilig haben, über das weitere Vorgehen zu beschließen. Definitive Aussagen, ob überhaupt noch vor der Bundestagswahl eine Entscheidung getroffen wird, gibt es derzeit nicht, vor Mitte September wird damit aber nicht gerechnet. Es besteht jedenfalls noch Hoffnung, dass die Regelung in § 19 GVV nicht, wie derzeit vom Bundesrat skizziert, kommt.

Ärger um die KWKG-Umlage 2016

10. März 2021 um 09:05 von

Während um die EEG-Umlage seit Jahren intensiv gerungen wird und diverse Vermeidungsstrategien die Gerichte schon beschäftigt haben, blieb es um die KWKG-Umlage vergleichsweise ruhig. Der Unterschied dürfte wesentlich mit der Höhe der nicht privilegierten Umlage zusammenhängen.

Allerdings ist es mit der Ruhe um die KWKG-Umlage nun scheinbar vorbei. Diverse Verteilernetzbetreiber sehen sich jedenfalls in diesen Tagen Rückforderungsansprüchen ausgesetzt, weil die Netzentgelte des Jahres 2016 bzw. der beiden Folgejahre mit einer zu hohen, sprich mit der vollen statt einer ermäßigten KWKG-Umlage abgerechnet worden seien. Auch die § 19 Abs. 2 StromNEV-Umlage sowie die Offshore-Haftungsumlage seien zu hoch abgerechnet worden.

Der Gesetzgeber hat mit dem zum 01.01.2017 in Kraft getretenen KWKG die Privilegierungstatbestände grundsätzlich neu geregelt. Während nach altem Recht allein das Überschreiten einer bestimmten Verbrauchsmenge (zunächst 100.000 kWh, später dann 1 GWh) an einer Abnahmestelle im Kalenderjahr zur Reduktion der KWKG-Umlage führte, sind nach neuem Recht grundsätzlich nur noch diejenigen Unternehmen privilegiert, die auch durch die Besondere Ausgleichsregelung gemäß EEG begünstigt werden. Er hat zugleich allerdings Übergangsbestimmungen geschaffen und im Ergebnis angeordnet, dass für das Jahr 2016 sowie in modifizierter Form für die Jahre 2017 und 2018 die alten Privilegierungsregeln fortgelten.

Allerdings galten schon nach altem Recht und gelten auch gemäß den einschlägigen Übergangsbestimmungen strenge Meldefristen, die längst abgelaufen sind. Welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, ist streitig. Gerichtsentscheidungen dazu liegen soweit ersichtlich noch nicht vor. Insoweit bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.