LG Mannheim bestätigt Indizwirkung der genehmigten Erlösobergrenze

12. August 2015 um 10:01 von

money-73341_640Die Parteien stritten vor dem Landgericht Mannheim (8 O 159/14) über die Zahlungsverpflichtungen des Netznutzers aus einem Netznutzungsvertrag. Der Netzkunde bezweifelte dabei unter anderem die Billigkeit der vom Netzbetreiber verlangten Entgelte. Der Netzbetreiber verteidigte sich mit dem Argument, dass er seine Netzentgelte auf Grundlage der ihm nach der ARegV genehmigten Erlösobergrenze gebildet habe und deswegen eine Indizwirkung für die Billigkeit der Netzentgelte streite.

Im Ergebnis ist das Landgericht Mannheim dieser Argumentation mit Urteil vom 06.08.2015 gefolgt, so dass der gegnerische Unbilligkeitseinwand ins Leere ging. Aufgrund der von der Bundesnetzagentur festgesetzten Erlösobergrenze gemäß ARegV sei nämlich von der Billigkeit des Netzentgelts im Sinne des § 315 BGB auszugehen. Insoweit gelten nach der Rechtsprechung des Landgerichts für die anreizregulierten Netzentgelte keine anderen Grundsätze als die, die der BGH in seiner Entscheidung Stromnetznutzungsentgelt V vom 15.05.2012 (EnZR 105/10) für die kostenbasiert genehmigten Netzentgelte gemäß § 23a EnWG festgelegt hatte. Die Gegenseite hätte die Indizwirkung der zugunsten des Netzbetreibers festgesetzten Erlösobergrenze erschüttern müssen. Dies sei vorliegend nicht gelungen mit der weiteren Folge, dass der Klage stattzugeben war.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Bundeskartellamt stellt Ermittlungen gegen Verivox ein

9. Juni 2015 um 18:24 von

BKartAWie das Bundeskartellamt am 3. Juni des Jahres mitteilte, hat es die Ermittlungen gegen das Energievergleichsportal Verivox eingestellt. Untersucht wurden die vom Unternehmen angebotenen Datenprodukte und Tarifoptimierungsdienstleistungen. Wie der Präsident des BKartA, Mundt, mitteilte, haben Vergleichsportale für Strom- oder Gaslieferungen grundsätzlich einen positiven Wettbewerbseffekt, da sie Wechselmöglichkeiten für den Verbraucher erleichtern. Allerdings könne dieser positive Effekt durch sog. Bestpreisklauseln wieder eingeschränkt werden, wenn sie die Preissetzungsfreiheit der Anbieter einschränken und den Wettbewerb zwischen verschiedenen Plattformen behindern, so Mundt. Verivox hat laut Aussagen des Bundeskartellamtes sämtliche Bestpreisklauseln, die zwischen Verivox und Energieversorgern vereinbart worden waren, aus den Verträgen entfernt.

Das Amt setzt damit seine Linie, gegen Bestpreisklauseln einzuschreiten, die es mit seinen Verfahren gegen Hotelbuchungsplattformen wie HRS begonnen hat, fort.  Das Amt hatte mit Beschluss vom 20.12.2013 die Bestpreisklauseln von HRS untersagt und ebenfalls Verfahren gegen die Buchungsportale booking.com und Expedia eingeleitet. Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 9. Januar 2015 die Auffassung des BKartA bestätigt und die Beschwerde von HRS gegen die Entscheidung des Amtes zurückgewiesen. Laut Aussage des BKartA war es wohl auch diese Lage, die Verivox zur Aufgabe seiner Bestpreisklauseln bewegt habe.

Insolvenzrecht – Entgegenkommen bei Ratenzahlungsvereinbarungen

24. April 2015 um 15:33 von

bgh_front2Der für Fragen des Insolvenzrechts zuständige 9. Zivilsenat am BGH hat durch Beschluss vom 16.04.2015 (IX ZR 6/14) seine Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO bestätigt, wonach die Bitte eines Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sei, solange sich die Bitte im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs halte.

Der Beschluss ist vordergründig gläubigerfreundlich. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber erneut, wie problematisch für einen Gläubiger in einer wirtschaftlich schwierigen Situation seines Vertragspartners der Umgang mit dem Risiko einer möglichen späteren Insolvenzanfechtung ist. So führt der BGH in den Entscheidungsgründen im o.g. Beschluss aus, eine Bitte um Ratenzahlung sei insolvenzrechtlich anders zu beurteilen, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten nicht anders begleichen zu können. Das ist dann laut BGH ein (im Regelfall wohl gewichtiges) Indiz für eine Zahlungseinstellung, die ihrerseits nach § 17 Abs. 2 InsO in der Regel dazu führt, dass Zahlungsunfähigkeit anzunehmen ist. Auch das Eingreifen einer Verfallklausel – wenn eine Rate der Ratenzahlungsvereinbarung nicht pünktlich gezahlt wird, wird der gesamte noch offene Betrag auf einmal fällig – kann im Einzelfall Indiz für eine Zahlungseinstellung sein. Entscheidend sind hier die Umstände des Einzelfalls.

Der Fall zeigt einmal mehr, dass im Umgang mit Schuldnern in wirtschaftlichen Schwierigkeiten aus insolvenzrechtlicher Sicht höchste Vorsicht geboten ist. Allzu großes Entgegenkommen bei Ratenzahlungsvereinbarungen kann leicht dazu führen, dass im Fall der späteren Insolvenz des Vertragspartners die empfangenen Zahlungen an den Insolvenzverwalter zu erstatten sind.

Weitere Niederlage für LichtBlick

10. Februar 2015 um 18:22 von

Strommast AusschnittEbenso wie das OLG Düsseldorf (Urteil vom 13.08.2014, VI-2 U 2/13), wir berichteten, hat nun auch das OLG München in einem Urteil vom 11.12.2014 (U 1928/14 Kart) dem Ökostromanbieter in Bezug auf die Rückforderung angeblich zu viel gezahlter Netzentgelte eine Absage erteilt. Auch in diesem Verfahren hatte LichtBlick behauptet, die Entgelte des dortigen Netzbetreibers seien – trotz entsprechender behördlicher Prüfung und Genehmigung – unbillig überhöht.

Dem Vertriebsunternehmen ist es nach Ansicht des OLG München aber nicht gelungen, die für die Billigkeit streitende gewichtige Indizwirkung zu erschüttern. Insbesondere reiche die Behauptung der Netznutzerin zu einer mangelnden Tiefe der behördlichen Prüfung nicht aus, die Indizwirkung entfallen zu lassen. Ebenso sei der Vortrag zu den einzelnen, angeblich überhöhten Kostenpositionen wie der Eigenkapitalquote, dem Eigenkapitalzinssatz, den Kosten für das vorgelagerte Netz, unzutreffende Anschaffungs- und Herstellungskosten etc. nicht überzeugend gewesen.

Stattdessen hätte LichtBlick entsprechend den vom BGH in seiner Entscheidung vom 15.05.2012 (EnZR 105/10, „Stromnetznutzungsentgelt V“) herausgestellten Grundsätzen konkrete Anhaltspunkte wie etwa unrichtige Tatsachenangaben des Netzbetreibers, die im Einzelfall zu einer Überhöhung der Entgelte führen könnten, vortragen müssen.

Da die Netznutzerin die Indizwirkung der Entgeltgenehmigung nicht zu erschüttern vermochte, bestand nach Ansicht des entscheidenden Senats auch kein Anlass zur Vorlage eines ungeschwärzten Bescheids.

Der auf die kartellrechtliche Anspruchsnorm des § 33 Abs. 3 GWB gestützte Hilfsantrag wurde ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Auch in diesem Zusammenhang greife die Indizwirkung des Genehmigungsbescheids zu Gunsten des Netzbetreibers. Darüber hinaus sei aber auch kein Verschulden des Netzbetreibers feststellbar, weil dieser auf die Genehmigung der Regulierungsbehörde habe vertrauen dürfen. Schließlich fehle es an einem Schaden des Vertriebsunternehmens, weil dieses die Netzentgelte an die eigenen Kunden weitergereicht habe.

Quo vadis? – EuGH erklärt Preisanpassungen nach GVV für europarechtswidrig

23. Oktober 2014 um 14:24 von

road-block-453151_640Heute hat der Gerichtshof der Europäischen Union sein Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-359/11 (Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.05.2011, VIII ZR 71/10) und C-400/11 (Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2011, VIII ZR 211/10) verkündet. Gegenstand beider Rechtssachen waren Fragen zum deutschen Preisänderungsrecht gegenüber Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht mit Gas oder Strom beliefert werden und deren Belieferung sich deshalb nach der AVBGasV, der AVBEltV bzw. deren Nachfolgeregelung StromGVV richtete. Demgemäß war das Recht der Versorger (§ 4 Abs. 1 AVBGasV, § 5 Abs. 2 StromGVV) vorgesehen, die Strom- oder Gaspreise einseitig zu ändern, ohne den Anlass, die Voraussetzungen oder den Umfang der Änderungen anzugeben. Es war aber sichergestellt, dass die Kunden über die Preiserhöhung benachrichtigt wurden und den Vertrag gegebenenfalls kündigen konnten. Der Bundesgerichtshof hatte mit den genannten Vorlagebeschlüssen dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage, inwieweit eine solche Regelung den sich aus der sog. Stromrichtlinie 2003/54/EG und der sog. Gasrichtlinie 2003/55/EG ergebenden Transparenzanforderungen genüge, zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Verstoß gegen die „Stromrichtlinie“ 2003/54/EG und gegen die „Gasrichtlinie“ 2003/55/EG gegeben.

Zur Gewährleistung des sich aufgrund der Richtlinien ergebenden hohen Verbraucherschutzes müsse den Kunden nicht nur das Recht eingeräumt werden, sich im Fall von Preisänderungen aus dem Liefervertrag zu lösen, sondern auch die Befugnis, gegen die Preisänderung vorzugehen. Die Möglichkeit der Wahrnehmung dieser Rechte und einer Entscheidung über die Lösung vom Vertrag oder eines Vorgehens gegen die Preiserhöhung in voller Sachkenntnis setzt nach Meinung des Gerichtshofs der Europäischen Union voraus, dass der unter die allgemeine Versorgungspflicht fallende Kunde rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert wird. Da dies in den genannten Verordnungen nicht vorgesehen sei, verstoßen sie gegen die zitierten Richtlinien der Europäischen Union.

Eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des Urteils lehnt der Gerichtshof der Europäischen Union ab, da insbesondere nicht dargelegt worden sei, dass die Infragestellung der Rechtsverhältnisse, deren Wirkung sich in der Vergangenheit erschöpft habe, rückwirkend die gesamte Branche der Strom- und Gasversorgung in Deutschland erschüttern würde. Die Auslegung der genannten Richtlinien gilt somit für alle in ihrem zeitlichen Anwendungsbereich erfolgten Änderungen.

Man darf gespannt sein, welche konkreten Auswirkungen das Urteil auf die nationale Rechtsanwendung entfalten wird.