Akteneinsicht im Kartellverfahren

16. Oktober 2014 um 07:15 von

paper-96243_1280Kartelle sind schädlich – das entspricht der allgemeinen Auffassung, weswegen der europäische und der deutsche Gesetzgeber in den letzten Jahren mehrfach die Kartellbekämpfung vereinfacht haben. Ein zentrales Element ist dabei die erleichterte Durchsetzung zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche gegen Kartellanten. Diese können zumeist Akteneinsicht in die bei den Kartellbehörden geführten Ermittlungsakten beantragen, um auf diese Weise die notwenigen Informationen zur Vorbereitung einer zivilrechtlichen Schadenersatzklage zu sammeln.

Jetzt hatte sich das OLG Frankfurt mit einem Akteneinsichtsantrag in einem Fall zu befassen, in dem es nicht um ein Hardcore-Kartell, sondern um einen angeblich überhöhten Trinkwasserpreis ging. Die Landeskartellbehörde hatte ein Kartellverfahren eingeleitet, weil der Trinkwasserpreis des Versorgungsunternehmens angeblich in missbräuchlicher Weise überhöht war. Das Unternehmen hatte im Verwaltungsverfahren pflichtgemäß Auskunft gegeben. Das Kartellverwaltungsverfahren endete dann mit einer sog. Verpflichtungszusage, was einem Vergleich ähnelt. Die Kartellbehörde hat die Zusage des Unternehmens akzeptiert, die Wasserpreise ab dem Jahr 2014 um 20 % zu senken, und das Kartellverfahren sodann eingestellt. Ursprünglich war die Kartellbehörde von einer Überhöhung der Preise um 39 % ausgegangen.

Beim OLG Frankfurt ging es dann um das Akteneinsichtsgesuch des Hauseigentümers, der jahrelang vermeintlich überhöhte Wasserpreise gezahlt hatte. Er hat angekündigt, das Wasserversorgungsunternehmen auf Schadensersatz verklagen zu wollen und brauchte hierfür die Informationen aus dem Verwaltungsverfahren.

In einer Entscheidung von Anfang September dieses Jahres verneinte das OLG Frankfurt zwar einen zwingenden Anspruch des Kunden. Allerdings bestehe ein Anspruch gegen die Behörde, über den Akteneinsichtsantrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Insbesondere könne auch die Absicht, eine zivilrechtliche Schadenersatzklage zu erheben, ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht begründen. Dies sei dann ggf. mit den Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens abzuwägen. Diese Abwägung hatte die Kartellbehörde bislang in rechtswidriger Weise nicht vorgenommen, weswegen das OLG Frankfurt die Verfügung der Kartellbehörde, mit der die Akteneinsicht verweigert worden war, aufgehoben hat.

BGH entscheidet gegen Stadtwerke Olching

13. Oktober 2014 um 07:00 von

Strommast Ausschnitt grauVor einem Jahr hatte eine Entscheidung des OLG München für Furore gesorgt: In einem Rechtsstreit über die Übernahme des Versorgungsnetzes hatte der Alt-Konzessionär geltend gemacht, der neu abgeschlossen Konzessionsvertrag enthalte unzulässige Nebenleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV. Dem war das OLG München gefolgt und hatte die Klage des Neu-Konzessionärs abgewiesen, weil der Konzessionsvertrag gemäß § 134 BGB insgesamt nichtig sei.

Eine erhebliche Aufmerksamkeit hat die Entscheidung des OLG München deshalb erlangt, weil die dort in Rede stehenden Vertragsklauseln (z.B. Unterstützung der Gemeinde bei der Erstellung eines Energiekonzepts) in zahlreichen anderen Konzessionsverträgen so oder ähnlich enthalten waren. Gerade wegen der vom OLG München angenommenen Rechtsfolge – Nichtigkeit nicht nur der in Rede stehenden Vertragsklausel, sondern des gesamten Konzessionsvertrages – ergaben sich Befürchtungen, dass zahlreiche Konzessionsverträge unter Anlegung dieses strengen Maßstabs nichtig sein würden.

Jetzt hat der BGH durch Urteil vom 07.10.2014 die Revision der Stadtwerke Olching zurückgewiesen und damit das OLG München bestätigt. Ob es sich um eine Bestätigung nur im Ergebnis oder auch in der Sache handelt, bleibt abzuwarten – die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Jedenfalls zeigt die BGH-Entscheidung einmal mehr, dass beim Abschluss von Konzessionsverträgen und damit zugleich auch zeitlich vorgelagert beim Angebot solcher Verträge im Rahmen des wettbewerblichen Bieterverfahrens höchste Vorsicht geboten ist.

8.000,00 € für Hinweise auf Verstoß gegen Datenschutz?

10. Oktober 2014 um 14:14 von

privacy-policy-445157_1280Mehrere EVU berichten über ein Anwaltsschreiben, wonach ein Student im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit festgestellt haben will, dass die vom EVU verwendete Software gegen Bestimmungen des Datenschutzes verstoße. Hinweise zur Sache will dieser Student nur geben, wenn man eine vorgefertigte Vereinbarung abschließt und 8.000,00 € netto zahlt.

Die Empörung ist groß – vielfach ist von Erpressung die Rede. Das dürfte allerdings nicht richtig sein, denn es fehlt eine Anwendung von Gewalt oder der Drohung mit einem empfindlichen Übel. Jedenfalls wird man das Schreiben so verstehen müssen, dass derjenige, der nicht zahlt, lediglich den angebotenen Hinweis nicht bekommt – und das war´s dann auch.

Ob man das Ansinnen seriös findet, ist dabei natürlich eine ganz andere Sache. Eine Verpflichtung, das Angebot anzunehmen, besteht nicht.

Neues zur Billigkeitsprüfung bei Netz(nutzungs)entgelten

27. August 2014 um 13:49 von

NetzWer gedacht hatte, dass das Thema „Billigkeitsprüfung bei Netz(nutzungs)entgelten“ inzwischen rechtlich endgültig abgearbeitet worden ist, der irrt. Dies zeigen jüngst veröffentlichte Entscheidungen des BGH unter den Kurzbezeichnungen Stromnetznutzungsentgelt VI und VII. Darüber hinaus hat das OLG Düsseldorf in einem Urteil vom 13.08.2014 die BGH-Entscheidung Stromnetznutzungsentgelte V weiter konkretisiert:

In Stromnetznutzungsentgelt VI (KZR 27/13) bestätigt der BGH unsere Argumentation aus den ersten beiden Instanzen, dass die Rechtsprechung zur Indizwirkung genehmigter Netzentgelte nicht in sozusagen umgekehrter Richtung gilt, also nicht etwa das aufsichtsbehördlich genehmigte Netzentgelt die Unbilligkeit des höheren, zuvor unter der VV II plus verlangten Netznutzungsentgelts indiziert. Jedenfalls reiche, so der BGH, die im konkreten Verfahren festgestellte Abweichung der Netzentgelte von 9,75 % für eine solche negative Indizwirkung nicht aus. Darüber hinaus erteilt der BGH überzogenen Anforderungen an die Netzbetreiber, wie detailliert sie ggf. ihre Kostenkalkulation offen zu legen haben, eine Absage. Vielmehr reicht es aus, wenn die angesetzten Kosten im Einzelnen aufgeführt werden und darüber hinaus dargelegt wird, an Hand welcher Methoden diese Kosten aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung abgeleitet wurden (Textziffer 29 der Entscheidung Stromnetznutzungsentgelt VI).

Im Fall Stromnetznutzungsentgelte VII (KZR 13/13) bestätigt der BGH seine Rechtsprechung zur Verjährung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Netzentgelten. Der BGH stellt unter Bezugnahme auf seinen Hinweisbeschluss aus dem Jahre 2009 klar, dass der Beginn der allgemeinen Verjährung nicht wegen einer unübersichtlichen oder zweifelhaften Rechtslage hinausgeschoben war, sondern nach den allgemeinen Regeln am Ende des Jahres zu laufen begonnen hat, in welchem die vermeintlich überhöhten Netzentgelte geleistet wurden.

Allerdings lösen Abschlagszahlungen, die nicht auf einzelne Teilleistungen bezogen werden können, noch nicht den Beginn der Verjährung aus. Nach den Ausführungen des BGH dürfte die Verjährung bei der Netznutzung zur Belieferung von Standardlastprofilkunden typischerweise am Ende des Jahres beginnen, in welchem die Jahresrechnung gelegt worden ist. Bei RLM-Kunden dürfte es im Regelfall jedoch auf die einzelnen Monatsrechnungen ankommen, da diese auf einzelne monatliche Teilleistungen bezogen werden können.

Schließlich hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 13.08.2014 (VI-2 U 2/13) die Berufung eines besonders klagefreudigen Netznutzers mit Sitz in Hamburg gegen eine klageabweisende Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf zurückgewiesen. Im dortigen Fall ging es um die Rückforderung aufsichtsbehördlich genehmigter Netzentgelte.

Auch hier bestätigt das OLG Düsseldorf unsere Argumentation aus der ersten Instanz. Es nimmt dabei vor allem Bezug auf die Rechtsprechung des BGH aus der Entscheidung Stromnetznutzungsentgelte V zur Indizwirkung der aufsichtsbehördlich erteilten Entgeltgenehmigung. Aufgrund dieser Indizwirkung ist der Netznutzer im Rückforderungsprozess nach Ansicht des OLG Düsseldorf

„…mit allen Argumenten ausgeschlossen, die sich auf die generellen Schwächen der Datenerhebung sowie die generelle Dichte und Tiefe der Prüfung durch die Bundesnetzagentur beziehen.“

Vielmehr müssten darüber hinausgehende Umstände des konkreten Einzelfalls vorgetragen werden, um die Indizwirkung der Entgeltgenehmigung insgesamt zu erschüttern.

Da die Klägerin nichts dergleichen vorgetragen hatte, hat das OLG Düsseldorf konsequenterweise die Berufung zurückgewiesen. Es hat aber die Revision zugelassen. Womöglich können wir also an dieser Stelle demnächst über das BGH-Urteil Stromnetznutzungsentgelt VIII berichten.

Aufatmen in Berlin – EuGH entscheidet zur Ökostromförderung

1. Juli 2014 um 17:35 von

mini-parvisMit Erleichterung durfte die Bundesregierung heute ein lang erwartetes Urteil des EuGH in dem Rechtsstreit Ålands Vindkraft AB gegen Energimyndigheten zur Kenntnis genommen haben. Die Entscheidung des EuGH erging zum schwedischen Ökostromgesetz, dürfte aber auch die aktuelle Diskussion um die Europarechtskonformität des EEG wesentlich beeinflussen. Dort hatte sich zuletzt die Diskussion, ob das EEG ganz oder in Teilen, insbesondere in Bezug auf die besondere Ausgleichsregelung, eine unzulässige Beihilfe darstellt, wegbewegt. Vielmehr war sehr zum Unwillen von Herrn Gabriel (vgl. unseren Blog-Beitrag vom 27.06.2014) seitens der Kommission verstärkt problematisiert worden, ob es gegen das europarechtliche Gebot der Warenverkehrsfreiheit (Artikel 34 AEUV) verstoße, wenn ausschließlich in Deutschland erzeugter Strom nach dem EEG gefördert werde.

Dass die Bundesregierung hier alarmiert war, ist nachvollziehbar: Hätte man im Lichte des Artikel 34 AEUV den EEG-Fördermechanismus auch für Grünstrom öffnen müssen, der im Ausland erzeugt worden ist, wäre der EEG-Mechanismus endgültig finanziell kollabiert. Alle Bemühungen der Regierung, mit dem in der letzten Woche verabschiedeten Gesetz die andauernden Steigerungen der EEG-Umlage abzumildern, wären voraussichtlich gescheitert.

Diese Sorgen muss man sich im Lichte der genannten EuGH-Entscheidung wohl nicht mehr machen. Der EuGH hat zwar entschieden, dass in dem schwedischen Fall ein Grundsatz ein Verstoß gegen Artikel 34 AEUV vorliege. Dieser sei jedoch aus Gründen des Umweltschutzes sachlich gerechtfertigt. Dabei weist der Senat zwar darauf hin, dass auch aus Gründen des Umweltschutzes nicht jede nationale Regelung eine Verletzung des unionsrechtlichen Gebots der Warenverkehrsfreiheit rechtfertigen könne. Vielmehr sei vorauszusetzen, dass die Regelung auch verhältnismäßig sei. Bei der Vehältnismäßigkeitsprüfung räumt der EuGH allerdings den Mitgliedstaaten grundsätzlich einen Entscheidungsspielraum ein, weil es auf Unionsebene keine Harmonisierung der nationalen Regelungen zur Grundstromförderung gebe. Von daher sei die Begrenzung der Förderung auf Strom, der tatsächlich in Schweden erzeugt worden ist, nicht unverhältnismäßig, obwohl die grüne Eigenschaft des Stroms unabhängig davon ist, wo der Strom erzeugt wurde.

Foto: Gerichtshof der Europäischen Union