Fernwärme: OLG Düsseldorf bestätigt 3-Jahres-Frist bei Rückforderungen

7. Januar 2019 um 19:17 von

OLG DUSDie Rückforderung von Zahlungen, die auf eine wegen Verstoßes gegen § 24 AVBFernwärmeV unwirksame Preisanpassungsklausel geleistet wurden, ist dann nicht (mehr) möglich, wenn der Kunde die Preiserhöhung nicht innerhalb einer Frist von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt wurde, beanstandet hat. Dies entschied das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 07.02.2018  (I-27 U 2/17) in Anlehnung an die Argumentation des BGH aus dessen Urteil vom 24.09.2014 (VIII ZR 350/13). Die ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB sei auch im Fall der Nichtigkeit nach § 134 BGB i.V.m. § 24 AVBFernwärmeV nicht ausgeschlossen, damit die durch die Nichtigkeitsfolge entstandene planwidrige Vertragslücke unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 24 AVBFernwärmeV in einer den beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien gerecht werdenden Weise ausgefüllt werden kann.

Das OLG beschäftigt sich zudem kurz mit den Voraussetzungen des Ausschlusses einer Rückforderung nach § 814 BGB, verneint diese aber mit dem Hinweis auf die nur unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen des Kunden (vgl. dazu z.B. Palandt-Sprau, § 814 BGB, Rn. 5).

BGH: kontrollfreie Preishauptabrede und kontrollfähige Preisnebenabrede

8. November 2018 um 11:20 von

Erneut hat der XI. Zivilsenat eine Klausel zu einem laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelt in einem Unternehmerdarlehensvertrag für unwirksam befunden (BGH_XI_ZR_593-16 (Bearbeitungsprovision). Die Ausführungen des XI. Zivilsenats insbesondere zur Abgrenzung von kontrollfreier Preishauptabrede und kontrollfähiger Preisnebenabrede sind auch für Energielieferverträge von Interesse.

Grundsatzentscheidung zum KWK-Belastungsausgleich

3. Februar 2015 um 16:03 von

hand-517114_1280In einer Entscheidung vom 16.12.2014 (EnZR 81/13) hat der BGH zwei umstrittene Fragen zum Belastungsausgleich nach dem KWKG grundsätzlich geklärt. Zum einen hat der BGH entschieden, dass Betreiber von Objektnetzen nach § 110 EnWG a.F. im KWK-Belastungsausgleich wie Letztverbraucher zu behandeln seien. Da sie nicht Netzbetreiber der allgemeinen Versorgung im Sinne von § 3 Nr. 9 KWKG seien, schuldeten sie den Belastungsausgleich nicht gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber auf der dritten Stufe, wohl aber gegenüber dem vorgelagerten Verteilernetzbetreiber der allgemeinen Versorgung auf der vierten Stufe des KWK-Wälzungsmechanismus. Der Versuch eines Objektnetzbetreibers, für sich vor dem BGH eine vollständige Befreiung von KWK-Belastungen durchzusetzen, schlug also fehl.

Diese Entscheidung des BGH, die auch auf geschlossene Verteilernetzbetreiber des heutigen § 110 EnWG und gegebenenfalls auch weitere Netzbetreiber außerhalb der allgemeinen Versorgung Anwendung finden dürfte, ist auch deshalb bedeutsam, weil der KWK-Wälzungsmechanismus für eine ganze Reihe weiterer Umlagen, die der Gesetzgeber sukzessive eingeführt hat, entsprechend anwendbar ist.

Eine weitere Grundsatzfrage hat der BGH ebenfalls geklärt:

Der Anspruch auf der vierten Stufe des Belastungsausgleichs ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz in Verbindung mit dem bestehenden Netznutzungsvertrag. Einer separaten Umsetzungsvereinbarung bzw. einer Preisanpassungsvereinbarung bedarf es also nicht. Trotzdem sollten die Verteilernetzbetreiber vorsorglich an der bisherigen Praxis festhalten und auch im Netznutzungsvertrag explizit zum Ausdruck bringen, dass sich das Netzentgelt zuzüglich KWK-Aufschlag verhält.

Quo vadis? – EuGH erklärt Preisanpassungen nach GVV für europarechtswidrig

23. Oktober 2014 um 14:24 von

road-block-453151_640Heute hat der Gerichtshof der Europäischen Union sein Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-359/11 (Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.05.2011, VIII ZR 71/10) und C-400/11 (Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2011, VIII ZR 211/10) verkündet. Gegenstand beider Rechtssachen waren Fragen zum deutschen Preisänderungsrecht gegenüber Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht mit Gas oder Strom beliefert werden und deren Belieferung sich deshalb nach der AVBGasV, der AVBEltV bzw. deren Nachfolgeregelung StromGVV richtete. Demgemäß war das Recht der Versorger (§ 4 Abs. 1 AVBGasV, § 5 Abs. 2 StromGVV) vorgesehen, die Strom- oder Gaspreise einseitig zu ändern, ohne den Anlass, die Voraussetzungen oder den Umfang der Änderungen anzugeben. Es war aber sichergestellt, dass die Kunden über die Preiserhöhung benachrichtigt wurden und den Vertrag gegebenenfalls kündigen konnten. Der Bundesgerichtshof hatte mit den genannten Vorlagebeschlüssen dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage, inwieweit eine solche Regelung den sich aus der sog. Stromrichtlinie 2003/54/EG und der sog. Gasrichtlinie 2003/55/EG ergebenden Transparenzanforderungen genüge, zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Verstoß gegen die „Stromrichtlinie“ 2003/54/EG und gegen die „Gasrichtlinie“ 2003/55/EG gegeben.

Zur Gewährleistung des sich aufgrund der Richtlinien ergebenden hohen Verbraucherschutzes müsse den Kunden nicht nur das Recht eingeräumt werden, sich im Fall von Preisänderungen aus dem Liefervertrag zu lösen, sondern auch die Befugnis, gegen die Preisänderung vorzugehen. Die Möglichkeit der Wahrnehmung dieser Rechte und einer Entscheidung über die Lösung vom Vertrag oder eines Vorgehens gegen die Preiserhöhung in voller Sachkenntnis setzt nach Meinung des Gerichtshofs der Europäischen Union voraus, dass der unter die allgemeine Versorgungspflicht fallende Kunde rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert wird. Da dies in den genannten Verordnungen nicht vorgesehen sei, verstoßen sie gegen die zitierten Richtlinien der Europäischen Union.

Eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des Urteils lehnt der Gerichtshof der Europäischen Union ab, da insbesondere nicht dargelegt worden sei, dass die Infragestellung der Rechtsverhältnisse, deren Wirkung sich in der Vergangenheit erschöpft habe, rückwirkend die gesamte Branche der Strom- und Gasversorgung in Deutschland erschüttern würde. Die Auslegung der genannten Richtlinien gilt somit für alle in ihrem zeitlichen Anwendungsbereich erfolgten Änderungen.

Man darf gespannt sein, welche konkreten Auswirkungen das Urteil auf die nationale Rechtsanwendung entfalten wird.

Klarstellung des BGH: Wirksamer Preissockel bedingt anteilige Fälligkeit von Grundversorgungsentgelten

13. Januar 2014 um 16:29 von

BGH-CiIn einem aktuellen Urteil vom 11.12.2013 (Az. VIII ZR 41/13) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Einwand unwirksamer Preisanpassungen die Fälligkeit des abgerechneten Stromlieferentgelts nicht in voller Höhe entfallen lasse. Jedenfalls bis zu derjenigen Höhe, in der ein Entgelt auch nach dem vertraglichen Ausgangspreis geschuldet ist, sei die Forderung vielmehr fällig. Dieser fällige Sockelbetrag könne insbesondere eine Versorgungsunterbrechung gemäß § 19 Abs. 2 StromGVV rechtfertigen. Den Text dieses Urteils stellen wir Ihnen in der beigefügten Datei zur Verfügung.

Damit hat der Bundesgerichtshof die ursprüngliche Entscheidung der Energiewirtschaftskammer des Landgerichts Dortmunds vom 27.01.2011 (Az. 13 O 46/09 EnWG), auf welche wir seinerzeit in unserer Mandanteninformation hingewiesen hatten, nunmehr bestätigt. Zugleich hat der Senat den Trugschluss, dass er in seinem früheren Urteil vom 09.02.2011 (VIII ZR 295/09, dort Rn. 48) vermeintlich Gegenteiliges entschieden habe, ausdrücklich zurückgewiesen.

Zur Begründung seines aktuellen Urteils vom 11.12.2013 verweist der Senat unter anderem auf die Formulierung des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV („soweit“). Diese mache deutlich, dass offensichtliche Fehler in einer Rechnung die Fälligkeit der Forderung nur in dem Umfang hemmen, in dem sich der Fehler auswirkt (BGH, a.a.O. Rn. 16 f.). Keine solche Auswirkung sei jedoch insoweit gegeben, als das streitige Stromlieferentgelt bereits auf Basis des vertraglichen Ausgangspreises (anteilig) geschuldet werde. Hierbei spiele es keine Rolle, ob ein Preisanpassungsrecht (nur) in unbilliger Weise ausgeübt worden sei oder ob es – etwa wegen Verstoßes gegen europarechtliche Vorgaben – schon nicht wirksam bestehe (BGH, a.a.O. Rn. 13 f.).

Schließlich lasse eine (nicht unverhältnismäßig hohe) Zuvielforderung des Versorgungsunternehmens den Zahlungsverzug des Kunden nicht entfallen, solange Letzterem eine eigene Neu‑Berechnung des Entgelts unschwer möglich und somit zumutbar sei. Denn wer ein Zahlungsverweigerungsrecht geltend mache, müsse sich grundsätzlich selbst von dem Umfang seiner diesbezüglichen Berechtigung vergewissern. Folglich sei es nicht Aufgabe des Lieferanten, seine Forderungen nach streitigen und unstreitigen Teilbeträgen aufzuschlüsseln, ehe er die Stromversorgung unterbricht (BGH, a.a.O. Rn. 25 und 27).

Insbesondere im Hinblick auf die rechtspraktischen Konsequenzen ist dieses Urteil des Bundesgerichtshofs gleichermaßen überzeugend und begrüßenswert. Dass nämlich ein Streit um die Wirksamkeit bloßer (anteiliger) Preiserhöhungen dem Kunden die Möglichkeit verschaffen sollte, bis zur endgültigen Klärung und mithin für unabsehbare Zeit entgeltfrei Energie zu beziehen, würde die Vorleistungspflicht des Energielieferanten in unverhältnismäßiger Weise überspannen.