Vorschriften zur Energiebesteuerung nicht mehr zeitgemäß

13. September 2019 um 09:17 von

Die Europäische Kommission kommt in ihrer am 12.09.2019 vorgelegten Bewertung zu dem Ergebnis, dass die seit 2003 geltenden EU-Vorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen nicht mehr zeitgemäß sind. Weder spiegele die Richtlinie zur Besteuerung von Energieerzeugnissen aus 2003 den aktuellen Mix an Energieprodukten auf dem Markt der EU wider, noch gebe es einen Zusammenhang zwischen den Mindeststeuersätzen für Kraftstoffe und deren Energiegehalt und CO²-Emissionen.

Die EU-Kommission hatte bereits 2011 eine Überarbeitung der Energiesteuerrichtlinie vorgeschlagen. Der Entwurf scheiterte jedoch am Widerstand des Rates der Mitgliedstaaten, weil Entscheidungen im Bereich Steuern die Einstimmigkeit der EU-Länder erfordern. Die Behörde verwies nun erneut auf ihre Forderung, bei Steuerentscheidungen im Energie-Sektor Mehrheitsbeschlüsse einzuführen.

BNetzA fordert Netzbetreiber zur Nacherhebung von Netzentgelten auf

12. Juli 2018 um 14:50 von

Bundesnetzagentur_Gebaeude_136KB[1]Bekanntlich hat die Europäische Kommission vor einigen Monaten die in den Jahren 2012 und 2013 geltende vollständige Befreiung stromintensiver Unternehmen von den Netzentgelten nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV a.F. als europarechtswidrige Beihilfe eingeordnet (siehe auch unseren Blogbeitrag vom 28.05.2018. Dieser Entscheidung ist nach Auffassung der Bundesnetzagentur in der Weise Rechnung zu tragen, dass die betroffenen Netzbetreiber die entsprechenden Netzentgelte nachzuerheben haben. Dabei hat die Bundesnetzagentur jetzt FAQs veröffentlicht, die bestimmte Details der Rückforderung konkretisieren.

Folge hier

Daraus wird ersichtlich, dass die Bundesnetzagentur plant, die seinerzeitigen vollständigen Entgeltbefreiungen durch Veraltungsakt aufzuheben.

Sodann lebt der Anspruch der Netzbetreiber gegen den Netzkunden auf Zahlung der Netzentgelte wieder auf. Nach den allgemeinen Regeln hat eine Beschwerde des Netzkunden gegen die Aufhebung des Befreiungsbescheides keine aufschiebende Wirkung, § 76 Abs. 1 EnWG. Von daher kann der Netzbetreiber direkt nach Aufhebung des Befreiungsbescheids Rechnung legen und den Rechnungsbetrag bei seinem Kunden erforderlichenfalls beitreiben.

Auch zur Höhe des Anspruchs äußert sich die Bundesnetzagentur:

Wenn die Netzkunden nach der bis zum 04.08.2011 geltenden Gesetzesfassung einen Anspruch auf eine Netzentgeltverringerung hatten, müssen sie nach Auffassung der Bundesnetzagentur auch in den Jahren 2012 und 2013, auf die sich die Nacherhebungspflicht der Netzbetreiber erstreckt, nur das entsprechend verringerte Netzentgelt zahlen, mindestens jedoch 20 % der für 2012 und 2013 geltenden allgemeinen Netzentgelte. Im Umkehrschluss dürfte das bedeuten: Liegen die Voraussetzungen für eine Netzentgeltreduktion nach § 19 Abs. 2 Satz StromNEV a.F. nicht vor, müssen die Netzkunden das volle Netzentgelt nach den damals geltenden Preisblättern bezahlen.

Die Netzentgelte sind zu verzinsen, wobei eine besondere Zinsberechnungsmethodik zur Anwendung kommt. Die Bundesnetzagentur hat angekündigt, insoweit ein Berechnungstool bereit zu stellen. Zugleich erwartet sie von den Netzbetreibern einen gewissen Rigorismus bei der Beitreibung der Zahlungen. Der Abschluss eines Vergleichs zwischen Netzbetreiber und Netzkunden wird abgelehnt, soweit dadurch die Folgen der Kommissionsentscheidung unterlaufen werden können.

Die durch die Nacherhebung erzielten Einnahmen sollen nach den Vorstellungen der Bundesnetzagentur nicht dem Regulierungskonto des jeweiligen Netzbetreibers zufließen, sondern über die Übertragungsnetzbetreiber dem „§19 Abs. 2 StromNEV-Topf“ zufließen. Im Ergebnis reduzieren die erwarteten Einnahmen also die zukünftige § 19 Abs. 2 StromNEV-Umlage.

Deutschland muss illegale Beihilfen von den großen Stromverbrauchern zurückfordern, die in den Jahren 2012-2013 von Netzentgelten befreit wurden

28. Mai 2018 um 22:23 von

eu-1232430_1280Die Europäische Kommission hat heute eine Beihilfeentscheidung zum Thema Netzentgeltbefreiung für stromintensive Unternehmen in den Jahren 2011 bis 2013 getroffen. Mit der Entscheidung wurde ein vor etwa sieben Jahren begonnenes Verfahren abgeschlossen.

Im Kern ordnet die Europäische Kommission eine vollständige Netzentgeltbefreiung für stromintensive Unternehmen nach dem früheren § 19 Abs. 2 Satz 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) für die Jahre 2012-2013 als unzulässige Beihilfe ein. In der Folge müssen für die Jahre 2012-2013 Rückforderungen der zu wenig gezahlten Netzentgelte durch die Bundesregierung erfolgen. Dies bedeutet konkret, dass die Bundesnetzagentur als die zuständige Regulierungsbehörde für jedes einzelne Unternehmen eine Berechnung vornehmen und den zu wenig gezahlten Betrag zurückfordern muss.

Neben dieser Rückforderung für die Jahre 2012-2013 trifft die Beihilfeentscheidung der EU-Kommission aber auch eine wichtige Aussage für das aktuelle System der Netzentgeltbefreiung: Das aktuelle, seit 2014 geltende System der teilweisen Befreiung von Netzentgelten im Sinne des heutigen § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV bleibt unangetastet und wird damit für die Zukunft beihilferechtlich abgesichert.

Der Kommissionsentscheidung zugrunde lagen Drittbeschwerden aus dem Jahr 2011. Diese hatten bei der EU-Kommission eine beihilferechtliche Prüfung der vollständigen Befreiung von den Netzentgelten angemahnt. 2013 eröffnete die Kommission ein förmliches Beihilfeprüfverfahren. Dieses Prüfverfahren wurde nun abgeschlossen.

Zusätzliche Informationen finden Sie unter:

Pressemitteilung der EU-Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-3966_de.htm

Die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses wird die EU-Kommission in den nächsten Wochen auch über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb unter der Nummer SA.34045 veröffentlichen.

EU-Kommission genehmigt EEG-Entlastung von Bestandsanlagen zur Eigenversorgung – KWK-Neuanlagen verlieren hingegen ab 1.1.2018 zunächst ihre Privilegierung

19. Dezember 2017 um 17:59 von

money-73341_640Die Europäische Kommission hat heute eine beihilferechtliche Genehmigung gegenüber der Bundesregierung erteilt, die mehrere Befreiungen bzw. Ermäßigungen für verschiedene Anlagen zur Elektrizitäts-Eigenversorgung genehmigt.

Konkret hat die EU-Kommission heute die Befreiungen bzw. Ermäßigungen der EEG-Umlage für Bestandsanlagen zur Eigenversorgung (d.h. Inbetriebnahme vor August 2014) genehmigt sowie für neue Eigenversorgungsanlagen (d.h. Inbetriebnahme seit August 2014) die erneuerbare Energien nutzen und schließlich für kleine Anlagen zur Eigenversorgung. Für diese Anlagen existierte eine geltende beihilferechtliche Genehmigung. Diese läuft zum Ende des Jahres aus, so dass ein neues Genehmigungsverfahren erforderlich war.

KWK-Neuanlagen, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb genommen wurden, sind hingegen nicht von der Genehmigungsentscheidung erfasst. Die Regelung für die Begrenzung der EEG-Umlage auf 40% für KWK-Neuanlagen endet damit zum 31.12.2017, da am 31.12.2017 die bestehende beihilferechtliche Genehmigung für diese Anlagen endet. Für die betroffenen Anlagen wird damit ab dem 1.1.2018 die volle EEG-Umlage fällig. Das Bundeswirtschaftsministerium strebt eine Neuregelung für KWK-Neuanlagen an. Eine solche Neuregelung bedeutet eine gesetzliche Neuregelung und Anpassung des EEG, die dann erst im kommenden Jahr erfolgen kann. Auch muss eine solche gesetzliche Änderung dann wiederum von der EU-Kommission genehmigt werden. Ob bei einer solchen gesetzlichen Neuregelung auch ein rückwirkendes Inkrafttreten ab 1.1.2018 möglich ist, muss im weiteren Prozess erst noch zwischen Bundeswirtschaftsministerium und EU-Kommission abgestimmt werden.

Nähere Informationen finden Sie auf der Website der EU-Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-5366_en.htm sowie auf der Website des Bundeswirtschaftsministeriums: http://www.bmwi.de/Navigation/DE/Service/Medienraum/medienraum.html

Im Einzelnen:

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz beinhaltet verschiedene Privilegierungen hinsichtlich der Höhe der zu leistenden EEG-Umlage für Strom-Eigenversorger. Diese Regelungen waren bis zum 31.12.2017 beihilferechtlich genehmigt. Für einen Großteil der Bestimmungen hat die EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung heute erneut erteilt.

  • Bestandsanlagen: Für Bestandsanlagen zur Eigenversorgung gilt weiterhin die vollständige Befreiung von der EEG-Umlage.
  • Modernisierung von Bestandsanlagen: Nach einer Modernisierung fällt bei Bestandsanlagen ab 2018 20% der EEG-Umlage an; bei einer Umstellung von Kohle auf klimafreundlichere Energieträger bleibt es sogar bei der vollständigen Befreiung. In voller Höhe ist die Umlage zu zahlen, wenn die Kapazität der Anlage erweitert wird und nicht nur modernisiert wird.
  • Weitere Bestandsschutzregelungen: Auch die Regelung zur Rechtsnachfolge bei Bestandsanlagen (§ 61f EEG), die Bestandsschutzregelung für Scheibenpachtmodelle (§ 104 Abs. 4 EEG) und den Bestandsschutz für Anfahrts- und Stillstandsstrom in Kraftwerken (§ 104 Abs. 6 EEG) wurden genehmigt.
  • Neue erneuerbare Eigenversorgungsanlagen (d.h. Aufnahme des Betriebs seit August 2014): Ebenfalls entlastet bleiben Neuanlagen, die Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugen (§ 61b Nr. 1 EEG). Hiervon profitieren vor allem viele Photovoltaikanlagen auf Gebäuden. Für diese Anlagen hat die Kommission die Befreiungen und Ermäßigungen nicht als EU-Beihilfe erachtet.
  • Neue kleine Anlagen zur Eigenversorgung: Neue kleine Anlagen zur Eigenversorgung mit einer Leistung von bis zu 10 kW sind ebenfalls weiterhin befreit. Die EU-Kommission hat diese Regelung nicht als Beihilfe eingeordnet, weil sie unter die Geringfügigkeitsschwelle fällt.

Für KWK-Neuanlagen, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb genommen wurden, wurde hingegen keine neue Genehmigungsentscheidung getroffen. Damit endet die Privilegierung für diese Anlagen zum 31.12.2017. Statt bislang nur 40%, ist ab dem 1.1.2018 zunächst die volle EEG-Umlage zu zahlen. Es dürfte sich hierbei um über rund 10 000 KWK-Anlagen handeln, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb gegangen sind.

EU-Kommission legt Regelungsvorschlag zur Änderung der Gasmarktrichtlinie vor

13. November 2017 um 19:41 von

Pipeline1Die EU Kommission hat am 8. November 2017 einen Vorschlag zur Änderung der Gasmarktrichtlinie 2009/73/EG vorgelegt. Politischer Hintergrund für den Richtlinienvorschlag ist die Debatte um den geplanten Bau von Nord Stream 2.

Die „Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt“ – wie sie mit vollem Namen heißt – ist Teil des dritten sogenannten Energiebinnenmarktpakets und damit Teil des wichtigen Liberalisierungspakets der EU aus dem Jahr 2009.

Mit dem jetzt vorgelegten Vorschlag zur Änderung der Gasmarktrichtlinie will die EU-Kommission die bestehende Richtlinie ergänzen und den Anwendungsbereich erweitern. So sollen künftig die wesentlichen regulatorischen Grundsätze im Energiebinnenmarkt auch für Erdgasleitungen gelten, die aus der EU in Drittländer hinein- bzw. aus Drittländern heraus in den EU-Energiebinnenmarkt führen. Bislang gelten die Vorschriften nur für innereuropäische Leitungen inklusive der innereuropäischen Anbindungsleitungen. So gilt das dritte Energiebinnenmarktpaket nicht für die Leitung Nord Stream 1, aber grundsätzlich z.B. für die Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung (OPAL), die Nord-Stream 1 in Greifswald anbindet und von dort durch Ostdeutschland bis an die deutsch-tschechische Grenze bei Olbernhau (Sachsen/Deutschland) bzw. Brandov (Nordböhmen/Tschechien) reicht, wo sie wiederum mit der tschechischen GAZELLE Erdgas-Pipeline verbunden ist, die vornehmlich der Durchleitung von russischem Erdgas nach Westeuropa dient.

Politischer Hintergrund für die Vorlage des Kommissionsvorschlags ist der seit längerer Zeit währende Streit um die Realisierung der Pipeline-Projekts Nord Stream 2. Der Europäischen Kommission ist das Projekt ein Dorn im Auge. Sie befürchtet eine steigende Abhängigkeit der EU von russischen Erdgasimporten. Kritik kommt ebenfalls von den osteuropäischen Staaten. Die aktuelle Bundesregierung befürwortet das Leitungsprojekt.

Die Europäische Kommission hatte in der Vergangenheit schon verschiedene Versuche unternommen, das Projekt zu verhindern. Der letzte Vorschlag der Kommission stammt aus dem Sommer 2017 und beinhaltete einen Mandatsentwurf für außenpolitische Verhandlungen mit Russland über einen besonderen Rechtsrahmen für Nord Stream 2. Der juristische Dienst des Rates war jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass die Europäische Kommission hierfür allenfalls eine geteilte Zuständigkeit, nicht aber eine ausschließliche Kompetenz habe. Auch hätte die Kommission den Bedarf für ein solches Mandat darlegen müssen. Die Vorlage des aktuellen Richtlinienvorschlags ist daher ein weiterer Versuch der Kommission rechtlichen Einfluss auf das Projekt Nord Stream 2 zu gewinnen.

Rechtlich beinhalten die Regelungen der Gasrichtlinie beispielsweise, dass der Zugang zur Pipeline Dritten diskriminierungsfrei gewährt werden muss. Außerdem unterliegen die Nutzungsentgelte einer behördlichen Regulierung. Zusätzlich müssen Gaserzeuger und Pipelinebetreiber eigentumsrechtlich getrennt sein. Die Berücksichtigung solcher regulatorischer Vorgaben erscheint im Fall der Nord Stream 2 politisch wie auch wirtschaftlich herausfordernd. So ist gegenwärtig die russische PJSC Gazprom alleiniger Anteilseigner der Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG. Deren Tochter OOO Gazprom Export hat das Exportmonopol für russisches Erdgas und die geplante Leitung verfügt über keine Anbindungsleitung offshore, die es Dritten erlauben würde, diskriminierungsfrei bereitgestellte Leitungskapazitäten der Nord Stream 2 zu nutzen.

In zeitlicher Hinsicht will die EU-Kommission den Vorschlag nur auf solche Erdgasleitungen anwenden, durch die bildlich gesprochen noch kein Gas geflossen ist. Das würde für den hinter der Regulierung stehenden strittigen Fall Nord Stream 2 bedeuten, dass auch diese Pipeline unter die Regulierung fallen würde, sofern der Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene noch vor der Lieferaufnahme verabschiedet ist. Die Dauer von EU-Gesetzgebungsprozessen ist sehr unterschiedlich und kann von einigen Monaten bis zu mehreren Jahren dauern. Das Projekt Nord Stream 2 ist weit fortgeschritten, der Baubeginn soll bereits 2018 sein.

Mit der Vorlage des Kommissionsvorschlags beginnt nun ein europäischer Gesetzgebungsprozess, d.h. sowohl Rat und Parlament müssen zustimmen. Ob eine solche Mehrheit unter den Mitgliedstaaten im Rat vorhanden ist, ist zumindest alles andere als sicher. So dürfte die Bundesregierung eine kritische Haltung verfolgen, aber auch südliche europäische Länder könnten vom europäischen Richtlinienvorstoß nicht begeistert sein. So verfügen beispielsweise auch Italien und Spanien bereits über Erdgasimportrouten mit Drittländern und könnten durch die Erweiterung der Gasmarktrichtlinie ihre geostrategischen Interessen zukünftig beeinflusst sehen.

Die Dokumente der EU-Kommission zum Regelungsvorschlag sind abrufbar unter:

https://ec.europa.eu/info/news/commission-proposes-update-gas-directive-2017-nov-08_en