EU-Kommission genehmigt EEG-Entlastung von Bestandsanlagen zur Eigenversorgung – KWK-Neuanlagen verlieren hingegen ab 1.1.2018 zunächst ihre Privilegierung

19. Dezember 2017 um 17:59 von

money-73341_640Die Europäische Kommission hat heute eine beihilferechtliche Genehmigung gegenüber der Bundesregierung erteilt, die mehrere Befreiungen bzw. Ermäßigungen für verschiedene Anlagen zur Elektrizitäts-Eigenversorgung genehmigt.

Konkret hat die EU-Kommission heute die Befreiungen bzw. Ermäßigungen der EEG-Umlage für Bestandsanlagen zur Eigenversorgung (d.h. Inbetriebnahme vor August 2014) genehmigt sowie für neue Eigenversorgungsanlagen (d.h. Inbetriebnahme seit August 2014) die erneuerbare Energien nutzen und schließlich für kleine Anlagen zur Eigenversorgung. Für diese Anlagen existierte eine geltende beihilferechtliche Genehmigung. Diese läuft zum Ende des Jahres aus, so dass ein neues Genehmigungsverfahren erforderlich war.

KWK-Neuanlagen, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb genommen wurden, sind hingegen nicht von der Genehmigungsentscheidung erfasst. Die Regelung für die Begrenzung der EEG-Umlage auf 40% für KWK-Neuanlagen endet damit zum 31.12.2017, da am 31.12.2017 die bestehende beihilferechtliche Genehmigung für diese Anlagen endet. Für die betroffenen Anlagen wird damit ab dem 1.1.2018 die volle EEG-Umlage fällig. Das Bundeswirtschaftsministerium strebt eine Neuregelung für KWK-Neuanlagen an. Eine solche Neuregelung bedeutet eine gesetzliche Neuregelung und Anpassung des EEG, die dann erst im kommenden Jahr erfolgen kann. Auch muss eine solche gesetzliche Änderung dann wiederum von der EU-Kommission genehmigt werden. Ob bei einer solchen gesetzlichen Neuregelung auch ein rückwirkendes Inkrafttreten ab 1.1.2018 möglich ist, muss im weiteren Prozess erst noch zwischen Bundeswirtschaftsministerium und EU-Kommission abgestimmt werden.

Nähere Informationen finden Sie auf der Website der EU-Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-5366_en.htm sowie auf der Website des Bundeswirtschaftsministeriums: http://www.bmwi.de/Navigation/DE/Service/Medienraum/medienraum.html

Im Einzelnen:

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz beinhaltet verschiedene Privilegierungen hinsichtlich der Höhe der zu leistenden EEG-Umlage für Strom-Eigenversorger. Diese Regelungen waren bis zum 31.12.2017 beihilferechtlich genehmigt. Für einen Großteil der Bestimmungen hat die EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung heute erneut erteilt.

  • Bestandsanlagen: Für Bestandsanlagen zur Eigenversorgung gilt weiterhin die vollständige Befreiung von der EEG-Umlage.
  • Modernisierung von Bestandsanlagen: Nach einer Modernisierung fällt bei Bestandsanlagen ab 2018 20% der EEG-Umlage an; bei einer Umstellung von Kohle auf klimafreundlichere Energieträger bleibt es sogar bei der vollständigen Befreiung. In voller Höhe ist die Umlage zu zahlen, wenn die Kapazität der Anlage erweitert wird und nicht nur modernisiert wird.
  • Weitere Bestandsschutzregelungen: Auch die Regelung zur Rechtsnachfolge bei Bestandsanlagen (§ 61f EEG), die Bestandsschutzregelung für Scheibenpachtmodelle (§ 104 Abs. 4 EEG) und den Bestandsschutz für Anfahrts- und Stillstandsstrom in Kraftwerken (§ 104 Abs. 6 EEG) wurden genehmigt.
  • Neue erneuerbare Eigenversorgungsanlagen (d.h. Aufnahme des Betriebs seit August 2014): Ebenfalls entlastet bleiben Neuanlagen, die Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugen (§ 61b Nr. 1 EEG). Hiervon profitieren vor allem viele Photovoltaikanlagen auf Gebäuden. Für diese Anlagen hat die Kommission die Befreiungen und Ermäßigungen nicht als EU-Beihilfe erachtet.
  • Neue kleine Anlagen zur Eigenversorgung: Neue kleine Anlagen zur Eigenversorgung mit einer Leistung von bis zu 10 kW sind ebenfalls weiterhin befreit. Die EU-Kommission hat diese Regelung nicht als Beihilfe eingeordnet, weil sie unter die Geringfügigkeitsschwelle fällt.

Für KWK-Neuanlagen, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb genommen wurden, wurde hingegen keine neue Genehmigungsentscheidung getroffen. Damit endet die Privilegierung für diese Anlagen zum 31.12.2017. Statt bislang nur 40%, ist ab dem 1.1.2018 zunächst die volle EEG-Umlage zu zahlen. Es dürfte sich hierbei um über rund 10 000 KWK-Anlagen handeln, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb gegangen sind.

Nachträgliche Heranziehung zum EEG-Belastungsausgleich für 2004 bis 2008

14. Dezember 2017 um 10:53 von

OLG NaumIn einem Berufungsurteil vom 01.12.2017 (Az. 7 U 23/17) hat das OLG Naumburg der Klage eines Übertragungsnetzbetreibers (zunächst dem Grunde nach) stattgegeben, mit welcher für den EEG-Belastungsausgleich der Jahre 2004 bis 2008 noch nachträglich gesetzliche Stromabnahme- und Pflichtvergütungsansprüche gegen einen Letztverbraucherlieferanten geltend gemacht werden.

Der Stromlieferant hatte seinerzeit in der Annahme, die dortige „konzerninterne“ Stromversorgung könne als belastungsfreie Eigenerzeugung gelten, seinen Letztverbraucherabsatz nicht gemeldet. Der ÜNB gab seinerseits an, von den außerhalb der öffentlichen Netze vollzogenen Stromlieferungen jahrelang nichts gewusst zu haben. Im Rahmen der angestrengten Stufenklage sind dem ÜNB bereits Auskunfts- und Testierungsansprüche zuerkannt worden (BGH, Urt. v. 06.05.2015 – VIII ZR 56/14), ehe nun auch in der Leistungsstufe das zugunsten des ÜNB ergangene Grundurteil obergerichtlich bestätigt worden ist.

In dem betreffenden Urteil vom 01.12.2017 nimmt das OLG noch einmal zu folgenden grundlegenden Fragen Stellung:

  • Für das tatbestandsmäßige „Liefern von Strom an Letztverbraucher“ kommt es auf die zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen an, nicht auf die physikalische Abwicklung (S. 25).
  • Eine den Lauf der Verjährungsfrist auslösende Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen setzt voraus, dass dem ÜNB das konkrete Vertragsmodell bzw. die konkrete Vertragskonstruktion zwischen Stromlieferant und Letztverbraucher bekannt ist (S. 26).
  • Das EEG 2004 stellt keine notifizierungspflichtige Beihilfe i.S.v. Art. 108 AEUV dar, was sich in Abgrenzung zu späteren Gesetzesfassungen und ungeachtet der erstinstanzlichen Rechtsprechung des EuG zum EEG 2012 (Urt. v. 10.05.2016 – T-47/15) insbesondere daraus ergibt, dass die von den ÜNB im Gegenzug zu den Pflichtabnahmemengen vereinnahmten EEG-Vergütungsbeträge – anders als die spätere EEG-Umlage – weder auf einem separaten Konto verwaltet wurden noch einer spezifischen Verwendungsbeschränkung unterlagen (S. 35-37).
  • Ungeachtet der Umstellung auf das rein monetäre EEG-Umlage-System ist ein physikalischer Belastungsausgleich – d.h. durch einen Leistungsaustausch Strom gegen Geld – für die Jahre 2004 bis 20087 weiterhin möglich und zulässig (im Anschluss an OLG Celle, Urt. v. 15.05.2014 – 13 U 153/13). Insbesondere gilt, dass hierfür zwar wegen der verpflichtenden Börsenvermarktung durch die ÜNB keine aktuellen EEG-Wälzungsmengen verwendet werden dürfen, stattdessen aber beliebige sonstige (börsliche oder außerbörsliche Handels‑)Mengen in Betracht kommen (S. 19-21).

Die Revision gegen dieses Urteil vom 01.12.2017 hat das OLG nicht zugelassen. Losgelöst davon steht die (erstinstanzliche) Entscheidung über die Anspruchshöhe aber weiterhin aus – so dass die abschließende gerichtliche Klärung wohl erst erreicht sein wird, wenn in allen vergleichbaren Fällen selbst die kenntnisunabhägige 10-jährige Verjährungsfrist bereits verstrichen ist…

 

Insolvenzverfahren über das Vermögen der Care-Energy AG eröffnet

22. August 2017 um 11:36 von

PressemeldungAm 16.08.2017 um 15:30 Uhr ist durch das zuständige Amtsgericht Bremen als Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Care-Energy AG eröffnet worden. Zum Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Jan H. Wilhelm aus Bremen bestellt. Einzelheiten zum weiteren Verfahren ergeben sich aus dem Eröffnungsbeschluss.

Mieterstromgesetz soll Solarausbau auf Wohngebäuden vorantreiben

27. April 2017 um 12:11 von

photovoltaic-352670_640Das BMWi hat einen 30-seitigen Entwurf zum Mieterstromgesetz nebst Begründung veröffentlicht. Ziel der Gesetzesinitiative soll der Ausbau der Solarenergie auf Wohngebäuden sein, indem die sog. „Mieterstrommodelle“ in die Förderung des EEG 2017 einbezogen werden. Obgleich keine Einspeisung in das Netz der allgemeinen Versorgung erfolgt, sondern der Strom unmittelbar in dem Gebäude verbraucht wird, auf dem die Solaranlagen (bis 100 KW) installiert sind, wird eine Förderung wie bei einer Einspeisung erfolgen. Die Fördertatbestände des EEG werden zu diesem Zweck um den „Mieterstromzuschlag“ ergänzt.

Wegen der vom Anlagenbetreiber bei den Mietern erzielten Verkaufserlöse werden allerdings 8,5 ct/kWh von der EEG-Vergütung abgezogen. Weitere Voraussetzung ist, dass mindestens 40 % des Gebäudes auch tatsächlich dem Wohnen dienen und dass die gelieferte Strommenge so genau ermittelt wird, wie es die Messtechnik zulässt, die nach dem MsbG zu verwenden ist. Eine Befreiung von der EEG-Umlagepflicht für den hausintern gelieferten Strom erfolgt nicht.

Zudem ist eine Kopplung des Mietvertrages an einen mit dem Anlagenbetreiber zu schließenden Stromlieferungsvertrag grundsätzlich untersagt. Ein neu einzuführender § 42a EnWG („Mieterstromverträge“) wird dementsprechend anordnen, dass der Mieter in seiner Wahl des Stromlieferanten frei bleibt. Zudem wird die Laufzeit eines Mieterstromvertrages, der auch die Versorgung bei einem Ausfall der Solarstromerzeugung sicherstellen muss, auf ein Jahr begrenzt. Der Preis für die Gesamtlieferung (Solarstrom und „Reservestrom“) darf 90 % des Grundversorgungstarifs nicht überschreiten, anderenfalls erfolgt eine Herabsetzung auf den zulässigen Höchstpreis. Der Stromliefervertrag endet automatisch – ohne Kündigung – mit der Rückgabe der Wohnung.

Care-Energy – Nächster Schritt in der gerichtlichen Aufarbeitung

5. August 2016 um 14:52 von

Das OLG Hamburg hat im Juli erneut entschieden, dass bei einer „nur auf dem Papier“ konstruierten sog. Nutzenergie-Versorgung EEG-Umlage anfällt. Letztverbraucherlieferant im Sinne des EEG sei bei dem von der Care-Energy-Gruppe etablierten Geschäftsmodell, bezogen auf den Zeitraum bis zum 31. Juli 2014, nur und gerade die heutige Expertos Unternehmens- und Wirtschaftsberatungs GmbH & Co. KG („Expertos“). Hierbei handelt es sich um die ehemalige Care-Energie Energiedienstleistungs GmbH & Co. KG, die früher auch schon unter der Firma mk-power Ihr Energiedienstleister GmbH & Co. KG aufgetreten ist.

In drei parallelen Urteilen vom 5. Juli 2016 (9 U 156/15, 157/15 und 158/15) hat das OLG Hamburg seine diesbezügliche frühere Rechtsprechung vom 12.08.2014 (9 U 119/13 = REE 2014, 164) nunmehr bestätigt. In den Urteilsbegründungen finden sich u.a. Parallelen zu dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 17. Juni 2015 (VI‑3 Kart 190/14 (V)), in welchem die Expertos bereits als Letztverbraucherlieferant im Sinne von § 5 EnWG identifiziert worden war. Das OLG Hamburg hat jeweils die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Die Urteile vom 5. Juli 2016 behandeln auch ausführlich die Frage, ob das System der EEG-Umlage gegen europäisches Primärrecht verstößt. Im Ergebnis hat das OLG Hamburg diese Frage verneint mit dem zentralen Argument, dass mangels europarechtlicher Harmonisierung die nationale Ökostromförderung – insoweit im Einklang mit der Åland-Entscheidung des EuGH vom 1. Juli 2014 (C‑573/12) – auf inländische EEG-Anlagenbetreiber beschränkt werden dürfe.

Nicht zuletzt wegen dieser europarechtlichen Implikation ist eine mögliche Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs mit Spannung zu erwarten.