Zutritt nicht für „irgendeine Person auf der Straße“ – Bestimmtheit von Zutrittsklagen

14. November 2022 um 09:00 von

Netzbetreiber werden häufig mit dem Problem konfrontiert, dass sie gegen den Willen eines Eigentümers – etwa aufgrund von Infrastrukturbeschädigungen – Zutritt zu einem Grundstück benötigen. Hier stellen sich im Rahmen der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs auf Duldung des Zutritts regelmäßig eine Vielzahl von Fragen. Dies gilt insbesondere für die konkrete Formulierung des Klageantrags. Dabei entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Antrag so bestimmt formuliert werden muss, dass der Duldungspflichtige eindeutig erkennen kann, was er hinzunehmen hat. Neben einer konkreten Benennung des betroffenen Grundstücks sollte daher – soweit möglich – auch immer angegeben werden, zu welchem Zweck der Zutritt erfolgen soll.

In den teilweise unumgänglichen Gerichtsverfahren fordern Duldungsverpflichtete regelmäßig, dass der Klageantrag weiter konkretisiert werden müsse. Besonders beliebt sind dabei insbesondere die Einwände, dass schon im Antrag festgehalten werden müsse, welche Personen das Grundstück zu welcher Zeit betreten sollen.

Diesbezüglich hat das Landgericht Hagen nun mit Urteil vom 16.09.2022 (Az. 7 S 76/21) festgestellt, dass es derartiger Einschränkungen im Rahmen des Klageantrages nicht bedarf.

Denn entgegen der Behauptung des dortigen Duldungsverpflichteten kann ein Netzbetreiber das Urteil nicht „irgendeiner Person auf der Straße“ in die Hand geben, die dann zwangsweise das Grundstück betreten dürfe. Bereits aus § 325 Abs. 1 ZPO folge, dass Urteile lediglich die am Verfahren beteiligten Parteien binden. „Irgendeine Person auf der Straße“ ist aber in aller Regel keine Partei des Verfahrens. Wer was durch wen zu dulden hat, stehe daher von vornherein fest, wobei der Netzbetreiber auch nicht gehalten sei, zu bestimmen, ob er einen eigenen Mitarbeiter entsendet oder einen Subunternehmer. Einer Klarstellung dieser gesetzlichen Offenkundigkeit im Rahmen des konkreten Antrages bedarf es daher nicht.

In zeitlicher Hinsicht – die Grundstückseigentümer äußern regelmäßig die Sorge, dass der Netzbetreiber zur Unzeit das Grundstück betreten und etwaige Arbeiten durchführen könne – stellt das Landgericht Hagen klar, dass eine temporäre Einschränkung nicht die Bestimmtheit des Klageantrages, sondern die Beschränkung des materiell-rechtlichen Anspruchs an sich berühre. Unbeschadet etwaiger materiell-rechtlicher Einwendungen eines Eigentümers spreche aber grundsätzlich das überragende gesamtgesellschaftliche und wirtschaftliche Interesse an einer gesicherten und unterbrechungslosen Versorgung, die durch Kabel-/Leitungsschäden gefährdet werden kann, für die Ermöglichung zeitnaher und ohne nötige Einschränkungen durchzuführender Reparaturmaßnahmen. Mit diesem Gedanken sei es nicht vereinbar, wenn die durch die Dienstbarkeiten Berechtigten auf bestimmte Zeiten beschränkt würden, um eine unterbrechungslose Versorgung herzustellen.

Nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfung bei Umrüstung von Freileitung auf Erdkabel aufgrund neuer Ladepunkte für Elektromobile

13. April 2022 um 10:04 von

Das Amtsgericht Trier (Az. 31 C 20/22) hat geurteilt, dass die Entscheidung des Netzbetreibers, eine vorhandene Freileitung zurückzubauen und die angeschlossenen Immobilien nunmehr über ein Erdkabel zu versorgen, im Ermessen des Netzbetreibers steht und daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist.

Der Klägerin waren aufgrund der Umstellung von Freileitung auf Erdkabel Kosten für die Anpassung ihrer elektrischen Anlage entstanden. Diese verlangte sie vom Netzbetreiber unter anderem mit der Begründung erstattet, die Umrüstung auf Erdkabel sei einzig aus dem Grund erfolgt, weil ein einzelner Nachbar die Errichtung mehrerer Ladepunkte für Elektromobile beantragt habe. Es sei unbillig, dass ihr aufgrund der Entscheidung eines Einzelnen Kosten entstünden, weswegen ihr der Netzbetreiber zur Erstattung verpflichtet sei.

Dieser Argumentation ist das Amtsgericht Trier nicht gefolgt. Vielmehr stellte es fest, dass dem Netzbetreiber gemäß § 8 Abs. 3 NAV ein Ermessensspielraum zustehe, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterläge. Dabei erscheine es vorliegend sinnvoll, dass das Netz zur Errichtung neuer Ladepunkte ertüchtigt wird. Das allein reiche für eine sachliche Rechtfertigung der Umbaumaßnahmen aus. Eine Alternativlosigkeit sei hierfür nicht erforderlich.

Aufgrund der sachlichen Rechtfertigung der Umbaumaßnahmen bleibt es ausweislich der Begründung des Gerichtes dabei, dass die Kostentragung der Verantwortung für die technischen Anlagen folgt. Die vorliegend entstandenen Kosten seien dem Verantwortungsbereich der Klägerin zuzuordnen und somit auch von dieser zu tragen. Anhaltspunkte für eine Kostentragung durch den Netzbetreiber bestünden nicht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.